Aktuelle Inhalte aus dem Organisationshandbuch

2.1.1.1 Zielformulierung

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Vorgehensmodell

2.1.1.1.1 Situationsanalyse

Als Situationsanalyse bezeichnet man die systematische Betrachtung eines problematisch erscheinenden Sachverhalts. Nach Erkennen eines Handlungsbedarfs erfolgt in einem ersten Schritt eine Betrachtung der Ausgangssituation (Stärken, Schwächen, Potenziale, anstehende Entwicklungen) und der Rahmenbedingungen des jeweiligen (Problem)Bereichs. Um eine umfassende Betrachtung der Sachlage zu erreichen, sollten hierbei neben dem Auftraggeber auch Vertreter aus dem Organisationsreferat und den betroffenen Bereichen beteiligt sein. Dies unterstützt auch die Ursachenanalyse. Nach Schaffung der notwendigen Transparenz zur Sachlage können die Möglichkeiten und Grenzen der in Frage kommenden Lösungsaktivitäten betrachtet werden. Ausgehend von der Sachlage wird der in einer Organisationsuntersuchung zu betrachtende Untersuchungsbereich so konkret wie möglich eingegrenzt. Dabei kann es sich z. B. um einzelne Prozesse und/oder um Organisationseinheiten handeln.

2.1.1.1.2 Ziele definieren

Auf dieser Grundlage werden die Ziele der Untersuchung gesammelt und formuliert. Im Idealfall hat der Auftraggeber bereits eine klare Vorstellung von Zielen und Nutzen der bevorstehenden Organisationsuntersuchung. Ist dies nicht der Fall, müssen die Ziele der Untersuchung gemeinsam formuliert werden. Dabei ist es sinnvoll, sich an gewissen Grundregeln zu orientieren.

Die Ziele sollten:

  • einen angestrebten Ergebnis-Zustand (Sollzustand) beschreiben,
  • lösungsneutral sein, das heißt die Wege zur Erreichung der Ziele dürfen nicht vorweg genommen werden,
  • realistisch sein, das heißt die Ziele müssen durch das Projekt auch erreichbar sein und in dessen Kompetenzbereich liegen,
  • vollständig sein, das heißt sie sollten alle wichtigen Anforderungen an das Ergebnis der Untersuchung enthalten,
  • operationalisierbar sein, das heißt die Ziele müssen nach Abschluss der Organisationsuntersuchung in konkrete Handlungen umsetzbar sein,
  • präzise und verständlich sein.

Die anfangs formlose Sammlung der Ziele wird dann zusammengefasst und strukturiert. Hierbei wird zunächst zwischen Muss- und Kann- Zielen unterschieden:

  • Muss-Ziele sind Bedingungen, die ein späteres Soll-Konzept zwingend erfüllen muss. Es hat sich als sinnvoll herausgestellt, die Zahl der Muss-Ziele möglichst klein zu halten, um den Raum möglicher Lösungen später nicht zu sehr einzuschränken.
  • Als Kann-Ziele werden die übrigen Ziele bezeichnet. Diese sollten weiter zweckmäßig zusammengefasst werden, beispielsweise in eine Gruppe von quantitativen (messbaren) und eine von qualitativen Zielen.

Des Weiteren müssen die vorstrukturierten Zielgruppen auf eventuell vorhandene Zielhierarchien und gegenseitige Wechselwirkungen untersucht werden:

  • Gibt es so genannte Oberziele, welche einen Teil der formulierten Ziele bereits beinhalten und gewissermaßen deren "gemeinsamer Nenner" sind?
  • Beeinflussen sich die Ziele untereinander oder stehen sie im Konflikt mit strategischen Zielen der Organisation? Die Analyse der Zielbeziehungen kann mittels einer Zielbeziehungsmatrix (Muster siehe Praxisbeispiele) vorgenommen werden.

Folgende Ausprägungen von Zielbeziehungen sind möglich und müssen Beachtung finden:

ZielbeziehungBeschreibungBereinigung
neutralZiele beeinflussen sich nicht
(Erreichung des Ziels A hat keinen Einfluss auf die Erreichung des Ziels B)
  • nicht notwendig
komplementärZiele fördern sich untereinander
(Erreichung von Ziel A fördert die Erreichung des Ziels B)
konkurrierendZiele behindern sich gegenseitig
(Erreichung des Ziels A erschwert die Erreichung des Ziels B)
  • einseitige Zielreduktion
  • einseitige Zielaufgabe
  • beiderseitige Zielreduktion,
    Kompromiss
ausschließendZiele schließen sich gegenseitig aus
(durch Erreichung des Ziels A wird die Erreichung des Ziels B unmöglich)

Zielbeziehungen

Konflikte durch sich ausschließende Ziele müssen unbedingt bereinigt werden, da sie später ein sinnvolles Lösungskonzept verhindern. Das Festhalten an konkurrierenden Zielen ist zwar möglich, die Erreichung des Projekterfolges wird dadurch allerdings schwieriger.

Die nächste Phase der Zielformulierung ist die Gewichtung der vorliegenden Kann-Ziele. Dabei ist zu klären, welche der Ziele wichtig und somit im späteren Konzept zu beachten sind und welche möglicherweise vernachlässigt werden können. Mögliche Methoden zur Gewichtung der Ziele: ABC–Analyse und Prioritätenanalyse (qualitative Bewertungsmethoden).

Den Abschluss der Zielformulierung bildet die Zielentscheidung. Alle erarbeiteten Ziele sollten zur verbindlichen Grundlage für die weiteren Planungsarbeiten deklariert und dokumentiert werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es gegebenenfalls im Verlaufe der Untersuchung zu Anpassungen kommen kann. Ein möglicher Grund dafür ist, dass während der Vorbereitungsphase eines Projektes die Menge an vorhandenen Informationen, auf die Entscheidungen gestützt sind, eher gering ist. Während der Untersuchung ergeben sich eventuell Informationen, die zu anderen Entscheidungen als den ursprünglichen führen. Eine Anpassung der Ziele wird dann notwendig.