6.1.3 Fragebogen
Artikel Methoden und Techniken
Bei der schriftlichen Befragung werden Informationen im Untersuchungsbereich mittels Fragebogen erhoben. Die Technik ähnelt der des standardisierten Interviews, jedoch mit dem Unterschied, dass die Befragten die Eintragungen alleine und selbst in einem vorbereiteten Fragebogen vornehmen.
Mit dem Fragebogen kann, wie beim Interview, gleichzeitig ein breites Spektrum von Informationen und Daten erhoben werden (beispielsweise Aufgaben, Kommunikationswege, Mengen, Optimierungspotenzial). Oftmals werden zu Beginn der Datenerhebung mittels Fragebogen auch Aspekte wie die summarische Aufgabenbeschreibung mit Angaben zu anfallenden Aufgaben, deren prozentualem Anteil an der gesamten Aufgabenerledigung sowie Mängel- und Verbesserungslisten zur Aufdeckung von Schwachstellen im Untersuchungsbereich abgefragt.
Der Einsatz von Fragebogen kann in personifizierter oder anonymisierter Form erfolgen, wobei letztere Auswirkungen auf Art und Umfang der zu erwartenden Information dergestalt haben kann, dass die Antworten kritischer und damit gegebenenfalls "ehrlicher" ausfallen.
6.1.3.1 Einsatzbereiche
Die Einsatzmöglichkeiten der schriftlichen Befragung entsprechen denen des Interviews in den verschiedenen Phasen einer Organisationsuntersuchung. Der Einsatzschwerpunkt der schriftlichen Befragung liegt in der Voruntersuchung und als Einstieg in die Datenerhebung der Hauptuntersuchung. Sie kann eingesetzt werden zur Erhebung von Fakten, aber auch von Meinungen und Bewertungen. Sie ist insbesondere dann geeignet, wenn ein klar umrissener, einheitlicher Informationsbedarf von einer Vielzahl von Personen besteht.
Die schriftliche Befragung bringt nur dann brauchbare Ergebnisse, wenn die zu Befragenden eine positive Grundeinstellung zur Organisationsuntersuchung haben. Bei begründeten Zweifeln an der Auskunftsbereitschaft des Untersuchungsbereichs ist eine geringe Rücklaufquote zu erwarten. Der Einsatz eines Fragebogens ist dann nicht empfehlenswert, eine andere Erhebungstechnik sollte eingesetzt werden.
6.1.3.2 Verfahrensbeschreibung
1. Vorbereitung
Die Vorbereitung eines Fragebogens muss besonders sorgfältig erfolgen. Da die Befragten während der Durchführung der schriftlichen Befragung keine spontanen Rückfragen an das Untersuchungsteam richten können, kommt der guten inhaltlichen und optischen Gestaltung des Fragebogens sowie der ausreichenden Information der zu Befragenden eine besondere Bedeutung zu.
Zur Vorbereitung gehören im Einzelnen:
- Befragungsziel und Teilnehmerkreis bestimmen,
- Erhebungsinhalte festlegen, ggf. Fragenkatalog über einzelne Interviews präzisieren,
- Fragebogen, ggf. mit Ausfüllanleitung, entwerfen (Verständlichkeit, Vollständigkeit, Fragensystematik beachten),
- Zustimmung für die Befragung einholen, soweit erforderlich: Einbindung der Personalvertretung,
- Zeitplan für die Befragung erstellen,
- Ansprechpartner für Rückfragen benennen und Erreichbarkeit sicherstellen.
Zur Vorbereitung und Gestaltung des Fragebogens gehört auch die Festlegung, ob offene oder geschlossene Fragen eingesetzt werden sollen. Bei offenen Fragen sind die Befragten frei in der Art und im Umfang ihrer Beantwortung. Der Vorbereitungsaufwand für diese Fragen ist gering, Da die Beantwortung von offenen Fragen individuell ausfällt, eignen sie sich meist nur dort, wo Meinungen, Anregungen und Verbesserungspotenzial abgefragt werden sollen. Geschlossene Fragen hingegen geben Antworten bereits vor. Der Vorbereitungsaufwand ist entsprechend hoch, da die Antwortmöglichkeiten eindeutig und vollständig formuliert werden müssen. Die Auswertung der Antworten ist bei offenen Fragen aufwändig, da die Antworten sehr unterschiedlich und mehrdeutig ausfallen können. Die Auswertung bei geschlossenen Fragen ist einfach, da es sich um standardisierte Antworten handelt. Detaillierte Informationen zu verschiedenen Fragenarten können in der Darstellung zum Interview nachgelesen werden.
1a. Planung und Vorbereitung der Datenauswertung
Zur Entwicklung des Fragebogens gehört die Planung der Auswertung bereits zwingend dazu. Der einfachste Weg ist es, die Antworten IT-unterstützt auszuwerten und möglichst den Fragebogen über das Hausnetz zur Verfügung zu stellen. So kann der Fragebogen online ausgefüllt, per E-Mail zurückgesandt und elektronisch weiterverwendet werden.
1b. Information des Untersuchungsbereichs
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Vorbereitung ist die umfassende Information der Beschäftigten, die an der Befragung teilnehmen sollen. Es reicht nicht aus, dem Fragebogen eine detaillierte Ausfüllanleitung beizufügen. Vielmehr gilt es, die Akzeptanz der Erhebung durch Offenheit und die Gelegenheit Fragen zu stellen, zu fördern. Dies kann im Rahmen einer Informationsveranstaltung erfolgen. Die Informationsveranstaltung sollte folgende Themen abdecken:
- Hintergründe und Ziele der Befragung,
- Teilnehmerkreis,
- Vorstellung des Fragebogens,
- Ablauf und Zeitplan / Rückgabefrist der ausgefüllten Fragebogen,
- Vertraulichkeit der Angaben im Fragebogen,
- Ansprechpartner für den Zeitraum der Befragung,
- Beantwortung von Fragen der Beschäftigten.
1c. Probelauf durchführen
Sinnvoll ist es, zur Qualitätssicherung des Fragebogens einen Probelauf zur Befragung durchzuführen. In den Probelauf werden wenige zu Befragende nach vorheriger Einverständniserklärung eingebunden. Ziel ist es herauszufinden, ob die
- Fragen von den Befragten richtig verstanden werden,
- Begrifflichkeiten eindeutig sind,
- Antworten zu den einzelnen Fragen klar voneinander abgegrenzt erfolgen,
- die Anzahl der Fragen angemessen ist.
2. Durchführung
Die Fragebogen werden ggf. mit erläuterndem Anschreiben, Ausfüllanleitung, Rücksendetermin und Nennung von Ansprechpartnern an alle Beschäftigten im Untersuchungsbereich verteilt. Zur Klärung von Fragen wird eine Ansprechstelle (Hotline) eingerichtet.
Der Rücklauf der Fragebogen innerhalb der festgelegten Rückgabefrist wird überwacht.
3. Auswertung
Nach Rücklauf der Fragebogen folgt die Auswertung der einzelnen Fragen. Zur Verringerung des Auswertungsaufwands wird diese soweit möglich IT-gestützt durchgeführt.
6.1.3.3 Bewertung
Vorteile:
- geringer personeller Aufwand bei der Datenerhebung,
- liefert viele Informationen in kurzer Zeit,
- gleichzeitige Befragung vieler Personen,
- geringe Belastung für die Befragten,
- liefert erste Informationen für eine grobe Aufgabengliederung.
Nachteile:
- Aufwändige Vorbereitung des Fragebogens erforderlich,
- Manipulationen und Einflussnahmen können nicht ausgeschlossen werden,
- Missverständnisse fallen ggf. erst bei der Auswertung auf und können nicht gleich behoben werden,
- ggf. hohe Fehlerquote,
- Verweigerung eher möglich als im persönlichen Interview,
- Informationen nur zu konkreten Fragestellungen.
6.1.3.4 Hinweise und Tipps aus der Praxis
Der Erfolg der schriftlichen Befragung steht in einem engen Zusammenhang mit der Unterstützung, die dem Vorhaben von Seiten der Behördenleitung und den jeweiligen Führungskräften zuteil wird. Für den Kreis der Befragten sollte erkennbar sein, dass die Befragung von der Führungsebene befürwortet wird. Hilfreich ist es auch, wenn die Führungskräfte in ihrem Bereich aktiv für die konstruktive Beteiligung an der Befragung werben und ihre Unterstützung durch Teilnahme an Informationsveranstaltungen dokumentieren. Vertrauensbildend ist auch die Gewinnung der Personalvertretung für eine aktive Unterstützung der Befragung. Voraussetzung hierfür ist die frühzeitige und offene Information und Einbindung der Personalvertretung.