2.3.2 Begriffe

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Organisationshandbuch

2.3.2.1 Prozess

Definition/Bildquelle: BMI

Ein Prozess besteht aus einer Abfolge von Aktivitäten zur Leistungserstellung. Er wird durch ein auslösendes Input[7] in Gang gesetzt. Am Prozessende steht als Ergebnis der Output, der für die Zielgruppe einen Mehrwert bietet. Das Ergebnis wird einem oder mehreren (internen oder externen) Abnehmerinnen und Abnehmern zur Verfügung gestellt.[8]


Eine weitere Definition betont vor allem die organisatorische Komponente von Prozessen:

"Ein Prozess ist durch die zielgerichtete Verknüpfung von Aktivitäten, die innerhalb eines festgelegten Zeitraumes zu einem definierten Ergebnis führen, charakterisiert. Die Erstellung dieser Leistung erfolgt dabei nach bestimmten Regeln."[9]

Konkret bedeutet das: Prozesse werden über einen Input gestartet. Das kann z. B. der Eingang eines Antrages oder das Erreichen eines Termins sein. Nun startet eine Abfolge von Aktivitäten, die in der Summe zu einem Prozessergebnis (z. B. Bewilligung oder Ablehnung) führen. Manchmal kann die Aufteilung in Teilprozesse (je nach sachlicher oder organisatorischer Struktur), deren Aktivitäten zu einem Zwischenergebnis (Teilprozess) führen, sinnvoll sein. Das Gesamtergebnis ist der Output, deren Zielgruppe Bürgerinnen und Bürger oder weitere interne/externe Nutzerinnen und Nutzer sind. Mit der Bestimmung von Prozessstart und Prozessende bzw. Ziel werden die Aktivitäten der Beschäftigten konkret den Prozessen zugeordnet und festgelegt.

Es empfiehlt sich, in einem ersten Schritt Prozesse nach der folgenden einfachen Formel zu beschreiben:

I n p u t + A k t i v i t ä t e n = O u t p u t

In Abbildung 2 ist dargestellt, wie eine solche einfache Prozessbeschreibung aussehen kann.

Quelle: Fa. Orca Quelle: Fa. Orca (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster)

–Abbildung 2: Prozessbeschreibung anhand von Input, Aktivitäten und Output

Zu beachten ist, dass der Input zu einem Prozess auch aus einem (internen) vorgelagerten Prozess stammen kann und der Output gleichzeitig Input für einen Folgeprozess sein kann, vgl. Abbildung 3.

verweist auf: Abbildung 3: Beispiel einer Prozessdarstellung mit einem Output, der für einen anderen Prozess gleichzeitig Input ist und einen weiteren Prozess anstößt.Quelle: Fa. Orca

–Abbildung 3: Beispiel einer Prozessdarstellung mit einem Output, der für einen anderen Prozess gleichzeitig Input ist und einen weiteren Prozess anstößt.

Prozesse werden häufig arbeitsteilig von mehreren Organisationseinheiten innerhalb einer Behörde, aber oft auch von mehreren Organisationen (sogar über föderale Grenzen hinweg) ausgeführt. Die Übergänge von einer Organisationseinheit zu einer anderen werden als Schnittstellen bezeichnet. Die Reduzierung von Schnittstellen stellt oftmals ein wesentliches Ziel der Optimierung von Prozessen dar, da durch eine hohe Anzahl von Schnittstellen auch die Anzahl von Irrtums- und Fehlerquellen steigt.

Indem die öffentliche Verwaltung ihre Leistungen und Prozesse in den Mittelpunkt ihres Optimierungsinteresses rückt, wendet sie sich von der bisher verbreiteten Denkweise in Funktionen und Hierarchien ab. Die Vernachlässigung von Prozessen zugunsten aufbauorganisatorischer Aspekte (Funktionsorientierung durch Hierarchieprinzip und Verrichtungsspezialisierung) kann den Koordinationsaufwand erhöhen und die Informationswege verlängern. Daher sind solche Schnittstellen grundsätzlich – wie auch der Wechsel von Medien oder der Übergang zwischen IT-Systemen – geeignete Ansatzpunkte für Optimierungsbetrachtungen, um z. B. auch bei Prozessdigitalisierungen den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen (§ 9 EGovG).

2.3.2.2 Prozessarten

Prozesse dienen der Erfüllung von Aufgaben. In der Verwaltung werden Fachaufgaben hauptsächlich durch sich wiederholende Verrichtungen am jeweiligen Objekt erfüllt, z. B. Antrag (=Objekt) scannen, weiterleiten, prüfen … (Verrichtungen = Aktivitäten), vgl. Abbildung 2. Die übertragenen Fachaufgaben sind demnach Ausgangspunkt für die Abgrenzung der in den Fachbereichen ablaufenden Prozesse.

Nicht nur die Fachaufgaben, sondern auch Führungs- und Unterstützungsaufgaben sollten in definierten Prozessen ausgeführt werden. Entsprechend der verschiedenen Aufgabentypen (Fachaufgabe, Unterstützungsaufgabe und Führungsaufgabe) lassen sich drei Arten von Prozessen unterscheiden:

1. Kernprozesse

Innerhalb der Kernprozesse erfolgt die eigentliche Leistungserbringung einer Organisation, z. B. die Bearbeitung eines Antrages. Kernprozesse umfassen die wertschöpfenden Tätigkeiten einer Organisation und sind daher inhaltlich eng mit dem Zweck der Organisation und ihrem „Kerngeschäft“ verbunden. Zielgruppe dieser Prozesse sind externe Kundinnen und Kunden.

2. Führungsprozesse

Führungsprozesse schaffen die Voraussetzungen für die Erstellung der Leistungen der Organisation. Sie steuern die Kern-und Unterstützungsprozesse. Typische Führungsprozesse sind z. B.: strategische und operative Ziele planen, Ziele vereinbaren, Personalgespräche durchführen, Beurteilungen vornehmen, Ressourcen planen. Oftmals werden aber auch Prozesse des Wissens- oder Risikomanagements als Führungsprozesse definiert. Dies hat zur Folge, dass diese Prozesse zur „Chefsache“ erhoben werden, d. h. Aufgabe der Führungskräfte sind.

3. Unterstützungsprozesse

Mit diesen Prozessen (z. B. Beschaffungsprozesse, Prozesse des Personalmanagements, der Personalentwicklung, der IT-Administration) werden die Ressourcen (Personal, Fortbildung, Haushaltsmittel, IT usw.) zur Verfügung gestellt, die für den effektiven und effizienten Ablauf der Kernprozesse erforderlich sind.

Zusammenspiel der Prozessarten
Entwicklung und Betrieb optimaler Kernprozesse sind ohne adäquate Ressourcen wie Personal, Arbeitsmittel, Qualifikationen usw., aber auch ohne Kenntnisse der Kundenanforderungen und Zielvorgaben nicht möglich. Die Qualität der Kernprozesse ist entsprechend von der Qualität der Führungs- und Unterstützungsprozesse abhängig. Laufen diese nicht zuverlässig oder führen sie zu unbrauchbaren oder fehlerhaften Ergebnissen, leiden die Kernprozesse. Die Unterstützungsprozesse tragen dann nicht optimal zur Realisierung der Kernprozesse bei. Wenn beispielsweise erforderliche Fortbildungen nicht rechtzeitig bereitgestellt werden, die Beschaffung dringend erforderlicher Arbeitsmittel nicht reibungslos funktioniert, wenn Ziele, Erfolgsfaktoren der Aufgaben und Zuständigkeiten nicht klar sind (Was genau ist meine Aufgabe?, Woran wird der Erfolg meiner Arbeit gemessen?), kann dies die Prozessergebnisse (Outputs) und damit die Leistungsfähigkeit der Organisation insgesamt negativ beeinflussen.

Um das Zusammenspiel der Kern- und Unterstützungsprozesse optimal aufeinander abzustimmen, empfiehlt es sich, interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu etablieren. Dabei klären die jeweiligen Prozessverantwortlichen[10], welchen Input bzw. Output sie an den verschiedenen Schnittstellen voneinander brauchen. Die entsprechenden Anforderungen können in sogenannten Service Level Agreements vereinbart werden (bspw. Shared Services).[11]

Da Unterstützungsprozesse nicht immer zur Kernkompetenz einer Organisation gehören, können ihre Leistungen auch extern bezogen oder der Prozess kann aus der eigenen Organisation ausgelagert werden (z. B. in Dienstleistungszentren). Allerdings bleibt die auslagernde Organisation weiterhin verantwortlich für die Prozessqualität und die Ergebnisse – im Sinne ihrer Kundinnen und Kunden.

Unterstützungsprozesse laufen überwiegend in den Querschnittseinheiten (z. B. Haushalt, Organisation, Personal) einer Organisation ab. So können die hier anfallenden Aufgaben als Grundlage für die Identifikation von Unterstützungsprozessen herangezogen werden. In der Praxis werden organisationsrelevante Unterstützungsprozesse häufig als Querschnittsprozesse gebündelt und erhalten eine besondere Bedeutung[12].

Risiko/Bildquelle: BMI

Die prozessbeteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Querschnittsbereichen empfinden den Begriff „Unterstützungsprozess“ oftmals als unzutreffend, da es sich hierbei um ihr „Kerngeschäft“ handelt und die Prozesse deshalb aus ihrer Perspektive als Kernprozesse zu bezeichnen sind.
Hier sollte frühzeitig mit Maßnahmen des Veränderungsmanagements für Akzeptanz gesorgt werden, indem die Bedeutung der Unterstützungsprozesse für die Qualität der Kernprozesse der Gesamtorganisation herausgestellt wird.

Fußnote

[7] Input und Output: Input bedeutet ein Ereignis, ein Auslöser, innerhalb eines Prozesses. Wird aus dem Input auf eine definierte Art und Weise ein Output, wird eine Leistung erzeugt.
[8] Vgl. KGSt –Bericht 3/2011, S. 9.
[9] Hopp, Göbel 2008, S. 209.
[10] Zur Rolle des oder der Prozessverantwortlichen siehe Abschnitt 2.3.9.1.
[11] Service Level Agreement (SLA) bezeichnet eine Vereinbarung zwischen Anbieter und Kunde und dient der Qualitätssicherung. In dieser Vereinbarung werden die genauen Leistungseigenschaften und Gütestufen (Service Levels) einer zu erbringenden Leistung festgelegt. So entsteht optimale Transparenz für Auftragnehmer und Auftraggeber.
[12] Querschnittsprozesse unterstützen mehrere unterschiedliche Prozesse maßgeblich in ihrem Ablauf; beispielhafte Querschnittsprozesse sind „zentrale Dienste“ wie EDV-Administration, Beschaffungswesen oder E-Payment.

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