2.3.8 Prozesse digitalisieren

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Organisationshandbuch

Idealerweise werden Prozesse auf Basis einer Digitalisierungsstrategie digitalisiert. So wichtig es ist, sich zu Beginn auf die strategisch bedeutsamsten Prozesse zu konzentrieren, sollten auch Quick Wins mitgenommen werden. Ein einfacher Prozess, der von einem kleinen Team bearbeitet wird und nur eine geringe strategische Relevanz hat, kann durchaus auf Platz 1 landen, wenn die Prozessbeteiligten hieran ein großes Interesse haben und sich entsprechend engagieren.

Keinesfalls dürfen Prozesse digitalisiert werden, die nicht zuvor optimiert wurden. Dazu muss aber nicht in jedem Fall zunächst der Ist-Prozess erhoben und analysiert werden, um von dort aus einen optimalen, digitalen Soll-Prozess zu entwickeln. Es ist vielmehr geboten, einen Prozess aufgrund von Kundenbedürfnissen, rechtlichen und sonstigen Anforderungen sowie aktuellen technischen Möglichkeiten "neu zu erfinden" und dabei den Ist-Prozess so weit wie möglich auszublenden.

Bei der Digitalisierung von Prozessen (Digitalisierungsbaukasten BVA) kann das Vorgehen in die drei Phasen "Prozess verstehen", "Prozess gestalten" und "Soll-Prozess umsetzen" gegliedert werden. Grundlegende Fragestellungen sind hier:

1. Prozess verstehen

  • Was ist das Ziel des zu betrachtenden Prozesses?
  • Wer ist Kundin oder Kunde des Prozesses?
  • Was löst den Prozess aus und wann ist der Prozess beendet (Input und Output)?
  • In welchem Umfeld bewegt sich der Prozess (rechtliche Rahmenbedingen, IT-Systemlandschaft, Verordnungen)?
  • Welche Schnittstellen gibt es zu anderen Bereichen?
  • Stehen Prozessmodellierungen/Prozessvisualisierungen bereits zur Verfügung (z. B. in BPMN, FIM-Stammprozesse, die –sehr zusammengefasst – das Gesetz abbilden oder OZG-Referenzprozesse, die diese ergänzen, um die beste digitale Version abzubilden, vgl. https://fimportal.de und www.onlinezugangsgesetz.de)?
  • Welche Kennzahlen sind zu dem zu betrachtenden Prozess vorhanden (z. B. Durchlaufzeiten, Ressourcenverbrauch, Fallzahlen (z. B. Anzahl zu bearbeitenden Anträgen pro Jahr))?

2. Prozess gestalten

  • Wie sieht eine ideale Lösung aus der Sicht der Adressaten aus?
  • Wie sieht eine ideale Lösung aus der Sicht der bearbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung aus?
  • Wie gestaltet sich der optimale Prozess mit einer doppelten Nutzerorientierung für alle möglichen Adressaten?
  • Wie und in welchem Umfang werden Endnutzerinnen und Nutzer sowie Anwenderinnen und Anwender an der Entwicklung des Prozesses beteiligt?
  • Welche technischen Lösungen oder Softwareprodukte stehen auf dem freien Markt oder in der Organisation zur Verfügung?
  • Lässt sich der identifizierte Nutzen in eine digitale (technische) und nachhaltige Lösung übersetzen und wie kann dies erfolgen?
  • Wie kann ich die Prozesse komplett neu denken, wenn ich alle bestehenden und technischen Digitalisierungsmöglichkeiten optimal dafür einsetzen würde?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssten geändert werden, um fachlich relevante Daten optimal nutzen und sie mit anderen Organisationseinheiten oder Behörden austauschen zu können?

3. digitalen Prozess umsetzen

  • Wie können die in einem Maßnahmenplan festgelegten Maßnahmen kurz-, mittel- und langfristig umgesetzt werden?
  • Welche Ressourcen (Personal, Finanzen, Infrastruktur) stehen für die Umsetzung der Lösung zur Verfügung?
  • Wer ist für die Umsetzung welcher Maßnahme in der Organisation verantwortlich?
  • Welche vorhandenen IT-Systeme können umgehend zur digitalen Unterstützung eines Prozesses genutzt werden? Wie können Schnittstellen zwischen diesen beseitigt oder automatisiert werden?
  • Welche Kennzahlen können zur Erfolgsmessung betrachtet werden?

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