2.4.3.11.2 Selbstaufschreibung

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung

2.4.3.11.2.1 Allgemeine Beschreibung der Methode

Die Selbstaufschreibung ist eine Methode zur systematischen Datengewinnung von Zeiten und Mengen einzelner Aufgaben / Tätigkeiten / Prozessschritte an einem oder mehreren Arbeitsplätzen. Die Befragten sollen die für eine Personalbedarfsermittlung erforderlichen Informationen (in der Regel Aufgaben, Bearbeitungszeiten und Arbeitsmengen) über einen festgelegten Erfassungszeitraum hinweg in vorbereitete (IT-gestützte) Formulare eintragen. Hierbei werden in der Regel alle wahrgenommenen Tätigkeiten durch Notierungen am Ende eines Prozess- oder Zeitabschnitts mit Zeitangaben und in zeitlicher Reihenfolge festgehalten.

Es handelt sich damit bei der Selbstaufschreibung um eine Eigenerhebung durch die Beschäftigten im Betrachtungsbereich. Die Aufschreibung erfolgt ohne Kontrolle durch Beobachtung, daher ist eine Plausibilisierung der Daten notwendig. Mit der Selbstaufschreibung können neben Aufgaben, Bearbeitungszeiten und Fallzahlen auch Kommunikationsbeziehungen (z. B. in der prozessbezogenen Selbstaufschreibung), sachliche Verteilzeiten (sVz) und (je nach Betrachtungsbereich) persönliche Verteilzeiten (pVz) ermittelt werden.

2.4.3.11.2.2 Ziel und Zweck der Selbstaufschreibung

Mit der Selbstaufschreibung lassen sich Erkenntnisse zu Aufgaben und/oder Arbeitsabläufen, IST-Zeiten, Arbeitsmengen, Vorkommenshäufigkeiten (Fallzahlen), sachlichen und persönlichen Verteilzeiten sowie Arbeitsbedingungen gewinnen. Auch Rückstände können auf diesem Weg ermittelt werden (Selbstaufschreibung der Fälle/Aufgaben, die in der regulären Zeit nicht bearbeitet werden konnten). Die Selbstaufschreibung bildet immer den IST-Zustand ab.

2.4.3.11.2.3 Grundlagen, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Selbstaufschreibung

Die Grundlage einer Selbstaufschreibung bildet die Aufgabengliederung, die vorab erstellt wurde.

Darüber hinaus sind:

  • die Erhebungs- und Auswertungsform (einschließlich Klärung der IT Unterstützung) und die Erhebungsdauer (repräsentativer Erhebungszeitraum) festzulegen,
  • die Plausibilisierbarkeit der Erhebungsdaten zu prüfen,
  • der Erhebungsbogen zu entwickeln (einschließlich Klärung der Erhebungsebene),
  • die Erhebungsunterlagen abzustimmen und zu testen (Probelauf/Pretest)
    sowie
  • der Betrachtungsbereich / die Führungskräfte, die Beschäftigten als auch die Gremien zu informieren.

Eine methodische Grundkompetenz zur Durchführung einer Selbstaufschreibung muss vorhanden sein. Darüber hinaus sollte eine geeignete Schulung zur Methode Selbstaufschreibung erfolgt sein. Zudem sind praktische Projekterfahrungen zur Vorbereitung, Durchführung und Auswertung hilfreich.

2.4.3.11.2.4 Einsatzbereiche

Die Selbstaufschreibung ist grundsätzlich für jede Organisationsuntersuchung geeignet. Es gibt allerdings Betrachtungsbereiche, für die der Einsatz der Selbstaufschreibung nicht zu empfehlen ist. Die Eignung bzw. Nichteignung sind in der folgenden Tabelle gegenübergestellt:

geeignet / zu empfehlen fürnicht geeignet / nicht zu empfehlen für
  • Aufgaben (Ausnahme: neue oder zukünftige Aufgaben, die derzeit noch nicht wahrgenommen werden),
  • Prozesse,
  • Zeiten,
  • Mengen
  • Betrachtungsbereiche, die mit einer Selbstaufschreibung überfordert sind, beispielsweise bei häufig auftretenden Kurzzeit-Vorkommnissen (Telefonate, Beantwortung kurzer Fragen unter einer Minute)
  • für Betrachtungsbereiche, die besser durch Fremdbeobachtung erhoben werden sollten
  • für Aufgaben, die nicht im Erhebungszeitraum anfallen oder nur zu wenig/selten anfallen (Schwierigkeit: Repräsentativität)

Abbildung 28: Einsatzbereiche einer Selbstaufschreibung

Aufgaben, die zu wenig / zu selten im Erhebungszeitraum anfallen, können auch in der Selbstaufschreibung mit erhoben werden. Die erhobenen Daten können allerdings mangels Repräsentativität nicht verwendet werden. Dies sollte dokumentiert werden und die entsprechenden Aufgaben sind dann analytisch zu schätzen. Dieses Vorgehen sollte in der Dokumentation unter dem Stichwort „Methodenauswahl“ begründet werden.

2.4.3.11.2.5 Formen der Selbstaufschreibung

Selbstaufschreibungen werden in der Regel strukturiert durchgeführt, d. h. für alle aufzuschreibenden Vorkommnisse und Sachverhalte wird ein Rahmen in Form von Aufschreibungsformularen und Schlüsselzahlen / Gliederungsnummern vorgegeben.

Ein Vorteil ist, dass die Auswertung aufgrund der vorstrukturierten Daten relativ einfach und sachgerecht ist, insbesondere dann, wenn Zeiten und Mengen erhoben werden sollen.

Die strukturierte Selbstaufschreibung unterscheidet zwischen der arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung (= Tagesablaufanalyse oder Einzelaufgabenanalyse) und der prozessbezogenen Selbstaufschreibung (= Laufzettelverfahren)[55] :


Strukturierte Selbstaufschreibung

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 29: Formen der strukturierten Selbstaufschreibung

Charakteristika der chronologisch täglichen Selbstaufschreibung:

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 30: Charakteristika der chronologisch täglichen Selbstaufschreibung

2.4.3.11.2.6 Vorgehensbeschreibung für die strukturierte, arbeitsplatzbezogene tägliche Selbstaufschreibung

Die weiteren Ausführungen beziehen sich auf die strukturierte Selbstaufschreibung in Form der arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung. Diese täglichen Arbeitsaufzeichnungen enthalten Notierungen über die tatsächlich angefallenen Aufgaben, Bearbeitungszeiten, Vorkommenshäufigkeiten und Mengen im Erfassungszeitraum. Außerdem können die Verteilzeiten erhoben werden. Die strukturierte, arbeitsplatzbezogene tägliche Selbstaufschreibung gehört zu den Erhebungstechniken, bei denen die Beschäftigten begleitend zur Aufgabenerledigung die Daten eigenständig am Arbeitsplatz erheben (Eigenerhebung).

Vorbereitung

Für die Vorbereitung der Datenerhebung sind für alle Erhebungsmethoden grundsätzlich die gleichen Aspekte zu berücksichtigen.
Wichtig bei einer Selbstaufschreibung ist die Festlegung der Erhebungsdauer und Erhebungsgranularität.

Erhebungsdauer:
Die Datenerhebung muss in einem für die Aufgabenerledigung repräsentativen Erhebungszeitraum stattfinden. Als minimaler Erhebungszeitraum bei standardisierten Aufgaben werden vier Wochen empfohlen (zuzüglich mindestens 5–7 Werktage Testzeitraum). Bei weniger standardisierten Aufgaben können längere Erhebungszeiträume (meist bis zu drei Monate) notwendig sein, um die Repräsentativität zu gewährleisten.

Wenn insbesondere Spitzenbelastungen bzw. Schwankungen im Arbeitsanfall erhoben werden sollen, sind verschiedene Perioden abzudecken: Perioden mit normaler Beanspruchung und Perioden mit Arbeitsspitzen oder niedriger Beanspruchung.

Der repräsentative Erhebungszeitraum wird mit dem Betrachtungsbereich abgestimmt und festgelegt.

Erhebungsgranularität:
Es empfehlen sich erfahrungsgemäß Aufschreibungsgenauigkeiten zwischen 5 Minuten bis 30 Minuten. Werden jedoch einzelne Aufgaben detailliert analysiert, kann auch eine minutengenaue Erfassung notwendig sein.

Die Granularität hängt vom Verwendungszweck, von der gewählten Aufgabengliederungsebene und vom Informationsbedarf ab. Vor der Erhebung sind die Aufschreibungsebenen und die Aufschreibungsgranularität festzulegen und allen Beteiligten mitzuteilen.

Durchführung

Das Organisatorenteam sollte eine „Tagesroutine“ einrichten, die die täglichen Rückläufe der Erhebungsdaten nach einer festgelegten Vorgehensweise qualitätssichert. Bei offensichtlichen Unstimmigkeiten (z. B. möglichen Eingabefehlern bei Mengen- oder Zeitangaben) sollte bei den Beschäftigten nachfragt werden.

Fehlende Tagesberichte sollten in einer Liste geführt und die Ursachen des Fehlens möglichst unmittelbar abgeklärt werden. Die eingehenden Daten werden täglich in die vorbereiteten Auswertungsdateien (ggf. automatisiert) übernommen und (in der Regel) wöchentlich verdichtet.

Anlage 11: Praxisbeispiel „Tagesroutine des Organisatorenteams“
Anlage 12: Praxisbeispiel „Prüfung des Eingangs der Selbstaufschreibungsbögen“
Anlage 13: Praxis-Beispiel Erhebungsbogen

Auswertung und Plausibilisierung

Die erhobenen Daten werden plausibilisiert (siehe auch Plausibilisierung von Zeiten und Mengen) und am Ende der Erhebungsphase (eventuell zusätzlich zwischendurch) zusammengefasst, anonymisiert und ausgewertet. Zur Auswertung gehört auch die Interpretation oder Klärung von extremen Werten.

Verfügt die Behörde über eine aktuelle und detaillierte KLR, können die in der Selbstaufschreibung erhobenen Werte auch mit dieser auf Unstimmigkeiten geprüft werden.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eines Zeitreihenvergleiches, d. h. die Werte werden Werten aus den Vorjahren gegenübergestellt. Diese Methode eignet sich insbesondere in der Fortschreibung einer PBE.

Stichprobenartig können auch einzelne Werte durch Zeitaufnahme oder Multimomentaufnahme plausibilisiert werden, wenn die Aufgabe dafür geeignet ist.

Zeiten lassen sich insbesondere folgendermaßen plausibilisieren:

Quelle: eigene Darstellung

2.4.3.11.2.7 Einflussfaktoren für den zeitlichen und personellen Aufwand der Selbstaufschreibung

Der Aufwand hängt von vielen verschiedenen Einflussfaktoren ab. Er ist sowohl in den Phasen der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung als auch bei Organisatorenteam sowie Betrachtungsbereich und Interessenvertretung sehr unterschiedlich:

PhaseOrganisatorenteamBeschäftigte im BetrachtungsbereichInteressenvertretung

Vorbereitung

  • Informationsveranstaltung vorbereiten, durchführen und nachbereiten
  • Gesprächstermine vor Beginn der Selbstaufschreibung vorbereiten, durchführen und nachbereiten
  • Aufgabengliederung und Erhebungsbogen abstimmen, ggf. informationstechnisch unterstützendes Tool mittels Informationsveranstaltung vorstellen

Durchführung (Erhebung und Auswertung)

  • Schulungs- und Erfahrungsgrad in der Methode
  • Selbstaufschreibung
    • Beschäftigte im Betrachtungsbereich vorbereiten
  • Korrekturbedarf nach der Testphase
  • Qualität der Aufschreibungen prüfen
  • ca. 5–15 Minuten geschätzter, täglicher zeitlicher Bedarf je Beschäftigte bzw. Beschäftigtem in der Erhebungsphase
  • Begleitung der Erhebung durch „Beobachterinnen bzw. Beobachter“ kann im Zuge der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Gremien hilfreich sein. Hierfür entsteht bei den Gremien entsprechender Aufwand.
  • Hotline / Rücksprachen bei Fragen der Beschäftigten
  • Voll- oder Teilerhebung
  • Anzahl der Aufgaben
  • Güte vorhandener Daten und Dokumente
  • Stichprobenumfang
  • Zeitraum der Selbstaufschreibung
  • Selbstaufschreibungsform
  • Grad der IT-Unterstützung (Welche Daten können bereits aus IT-Fachverfahren generiert werden?)
  • Grad der IT-Unterstützung für die Selbstaufschreibung (Tool mit benutzerfreundlicher Weboberfläche / selbstgebautes Excel-Tool / Erhebungsbogen in Papierform)

Nachbereitung (Plausibilisierung der Daten, Gespräche etc.)

  • Nacherhebungsaufwand bei ggf. fehlender Repräsentativität
  • Einsatz von Plausibilisierungsmethoden, ggfs. auch während der Erhebung
  • Nachbereitungs- und Abschlussgespräche
  • Abschließende Informationsveranstaltung

Tabelle 7: Aufwand für Organisatorenteam, Beschäftigte im Betrachtungsbereich und Interessenvertretungen

Zeitansatz

Über die eigentliche Erhebung hinaus sind ausreichend Zeiten einzuplanen für:

  • die Definition, was unter „Mengen einzelner Teil /Unteraufgaben“ bzw. einem „Fall/Verfahren“ zu verstehen ist
  • die intensive Befassung mit den erforderlichen Mengenangaben und den Statistiken (die es schon gibt oder die, die für die Zukunft benötigt werden) sowie mit Korrelationen zwischen vorliegenden statistischen Größen und einzelnen Tätigkeiten (Reduzierung der Statistiken ggf. für die Zukunft möglich)
  • die Abstimmung des Erhebungsbogens mit dem Betrachtungsbereich
  • die Information der Gremien (Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte, Schwerbehindertenvertretung)
  • die Information der Datenschutzbeauftragten
  • die Beteiligung der Gremien (z. B. Personalvertretung) bei Einsatz von IT-Verfahren
  • Informations-/Einführungsveranstaltung für Beschäftigte (mindestens eine je Standort bzw. je Organisationseinheit)
  • ggfs. erforderliche Schulung bei Einsatz von IT-Tools
  • Plausibilisierung der erhobenen Daten
  • Nachbereitung der Informationsveranstaltung im Betrachtungsbereich

Personelle Besetzung

Für die Durchführung einer arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung wird mindestens eine Organisatorin bzw. ein Organisator (besser zwei Personen) je Betrachtungsbereich benötigt. Je nach Größe / Umfang des Betrachtungsbereichs kann es sinnvoll sein, mehr Organisationspersonal (insbesondere als Ansprechpersonen) einzusetzen.

Es können entweder alle Beschäftigten des Betrachtungsbereichs in die Selbstaufschreibung einbezogen werden (=Vollerhebung) oder nur ein Teil der Beschäftigten des Betrachtungsbereichs (=Teilerhebung).

2.4.3.11.2.8 Vorteile der arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung

  • Die betroffenen Beschäftigten werden intensiv in die IST-Erhebung einbezogen. Die Akzeptanz in den Organisationseinheiten ist in der Regel hoch, da die Beschäftigten selbst aufschreiben (Eigenerhebung).
  • Die Qualität der erhobenen Daten ist in der Regel ausgesprochen gut und die Auswertung der Daten einfach, wenn:

    • die Aufgaben vorab gut gegliedert wurden,
    • die Aufgabengliederung mit den Beschäftigten abgestimmt ist,
    • die Erhebungsebene für die Selbstaufschreibung richtig gewählt ist,
    • ein geeignetes Tool zur Verfügung steht,
    • die Beschäftigten gut vorbereitet in die Selbstaufschreibung gehen und
    • das Organisatorenteam während der Erhebung für Rückfragen zur Verfügung steht.
  • Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis für das Organisatorenteam ist gut, wenn schnell und umfassend große Datenmengen (Aufgaben, Vorkommenshäufigkeiten, Bearbeitungszeiten, Unterbrechungen und Störungen) erhoben werden können.
  • Nur die tatsächlich anfallenden Aufgaben und Tätigkeiten werden erfasst (ggf. müssen separat Rückstände mit einer weiteren Methode erhoben werden).
  • Bei entsprechender IT-Unterstützung kann die Erhebung und Auswertung der Daten standortunabhängig erfolgen.
  • Auch die Beschäftigten können durch die Selbstaufschreibung selbst Schwächen in ihren eigenen Arbeitsabläufen und nicht produktive Arbeitsaufwände erkennen.

2.4.3.11.2.9 Stolperfallen/Risiken bei der Selbstaufschreibung

  • Wenn die Erfassung und Auswertung ohne IT-Unterstützung erfolgt, kann die Selbstaufschreibung sehr aufwändig werden.
  • Die Methode ist eine zusätzliche Belastung für die Beschäftigten über einen längeren Zeitraum. Die Beschäftigten müssen daher zwingend umfassend über Notwendigkeit, Nutzen, Ablauf etc. vorab informiert werden und das Organisatorenteam muss ständig für Fragen zur Verfügung stehen.
  • Eine Plausibilisierung der Daten ist zwingend erforderlich, da es sich um eine Methode der Eigenerhebung handelt. Es besteht die Gefahr bewusster oder unbewusster Verfälschungen durch die Beschäftigten; Manipulationsmöglichkeiten lassen sich eingrenzen, aber nicht ausschließen.
  • Die Qualität der Arbeitsergebnisse bleibt (wie bei anderen PBE-Methoden) unberücksichtigt, es sei denn, die aufgeschriebenen Mengendaten werden mit Qualitätskennzahlen, z. B. Anzahl der berechtigten Widersprüche, kombiniert.
  • Aufgaben, Prozesse, Tatbestände, Strukturen müssen eindeutig, genau erkennbar und abgrenzbar sein.
  • Die Beeinflussung von Beschäftigten durch Führungskräfte oder Teamabsprachen ist für die Mitglieder des untersuchenden Organisatorenteams nicht erkennbar.
  • Der Einsatz der Selbstaufschreibung ist nicht zu empfehlen:

    • bei neuen Aufgaben, die derzeit noch nicht wahrgenommen werden
    • bei zukünftigen Aufgaben, die derzeit noch nicht wahrgenommen werden
    • bei Aufgaben, die nicht / nur selten /zu wenig im Erhebungszeitraum anfallen (Schwierigkeit: Repräsentativität)[56]

2.4.3.11.2.10 Hinweise und Tipps aus der Praxis

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Die Selbstaufschreibungsbögen für die Beschäftigten sollten so konzipiert sein, dass die Beschäftigten so wenig wie möglich belastet werden, d. h.:

  • Die Selbstaufschreibungsbögen sind auf Grundlage der mit den Beschäftigten abgestimmten Aufgabengliederung zu erstellen.
  • Die Aufgabengliederungsebene, auf der Zeiten und Mengen erhoben werden, sollte nicht zu kleinteilig sein.
  • Mengen sollten vorrangig auf Grundlage von IT-Abfragen ermittelt und nicht grundsätzlich im Rahmen der Selbstaufschreibung erfasst werden (redundante Datenerfassung, Belastung des Betrachtungsbereichs und des Organisatorenteams).
  • Wenig interessierende Aufgaben (insbesondere C-Aufgaben nach vorangegangener ABC-Analyse) sollten auf höherer Ebene zusammengefasst werden.
  • Bereits aus anderen Erhebungen oder Statistiken bekannte Daten sollten nicht erneut erfragt werden.

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Die Anonymität der Beschäftigten und Vertraulichkeit der Daten ist zu gewährleisten. Die Selbstaufschreibungsbögen sind ggf. pseudonymisiert auszufüllen und werden anschließend anonymisiert ausgewertet. Sollte aus bestimmten Gründen nicht pseudonymisiert erhoben werden, gilt:

  • dass die Einsicht in die Erhebungsdaten (Rohdaten) ausschließlich für das Organisatorenteam sowie für Vertretungen des Dienstleisters, der das Tool hostet, unter der Voraussetzung einer Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung zulässig ist,
  • alle anderen Personen oder Stellen, die ein berechtigtes Interesse an den Daten haben (Vorgesetzte, Personalvertretung, Fachaufsicht etc.), die Daten nur in aggregierter Form erhalten, wobei ein Rückschluss auf die Erhebungspersonen definitiv nicht möglich ist,
  • auch bei einer pseudonymisierten Erhebung das Organisatorenteam stets eine "Entschlüsselungsliste" und damit sofortigen Zugriff auf die Klarnamen haben muss, um im Falle nicht plausibler Daten Rückfragen an die Erhebungspersonen stellen zu können.

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Wesentlich ist es, die geplante Form der Auswertung schon in der Vorbereitungsphase zu berücksichtigen.

  • Die Erstellung einer sinnvollen und zweckmäßigen Aufgabengliederung in Vorbereitung einer arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung ist entscheidend für die spätere Bemessung und die Fortschreibungsfähigkeit des Personalbedarfs. Die Aufgabengliederung muss zunächst adressatengerecht, d. h. "bebuchbar", erstellt sein. Darüber hinaus ist bereits bei der Erstellung der Aufgabengliederung und Festlegung der Erhebungsebene darauf zu achten, welche statistischen Werte/Mengen im Hinblick auf die Ermittlung des Personalbedarfs und die Fortschreibungsfähigkeit erhoben werden können (langfristig) vorliegen. Hieraus ergibt sich, auf welcher Aufgabengliederungsebene mittlere Bearbeitungszeiten (mBZ) errechnet werden können.
  • In diesem Zusammenhang ist die Definition des abgeschlossenen "Falls" bzw. des "Verfahrens" und des Verhältnisses zwischen Mengen und vorliegenden Fällen/Verfahrens zwingend erforderlich. Dies muss für die Beschäftigten des Betrachtungsbereichs nachvollziehbar sein. Von Vorteil ist es, wenn in der Behörde bereits eine aktuelle und detaillierte Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR) existiert. Häufig liegen nach Abschluss der Selbstaufschreibung anstatt von Angaben zu Mengen einzelner Tätigkeiten nur noch relativ "grobe" Fall- bzw. Verfahrenszahlen vor. Um eine Abhängigkeit von zu vielen statistischen Daten zu vermeiden, empfiehlt es sich, im Rahmen der PBE Abhängigkeiten/Korrelationen und relative Häufigkeiten zu identifizieren, die langfristig gelten. Dann sind weniger Mengenangaben bzw. statistische Daten für die Bemessung des Personalbedarfs und die Fortschreibungsfähigkeit erforderlich.

Eine fundierte Vorbereitung ist zwar aufwändig, beeinflusst den Erfolg der Selbstaufschreibung aber maßgeblich und sollte deshalb nicht unterschätzt werden.

Insbesondere in der Testphase und zu Beginn der Erhebungsphase sollte bei Rundgängen im Betrachtungsbereich abgefragt werden, ob Probleme oder Schwierigkeiten bestehen. Es ist immer darauf zu achten, dass Fragen zügig beantwortet und relevante Informationen an alle Beteiligten weitergeleitet werden.

Generell sollte während der gesamten Erhebungszeit mindestens eine Ansprechperson aus dem Organisatorenteam zur Verfügung stehen. Empfehlenswert ist auch die Einrichtung einer Hotline für Rückfragen.

Je nach Erfahrung und Wissensstand der Beschäftigten empfiehlt es sich, einen Vorgang bespielhaft mit den Beschäftigten durchzugehen.

Regelmäßig sollten die Ergebnisse der Selbstaufschreibungen (auf Konsistenz / Auffälligkeiten) überprüft werden. Bei Bedarf sollte Rücksprache gehalten werden, ob es sich um verwertbare Daten (oder ggf. Falscheingaben) handelt (siehe Praxisbeispiel "Tagesroutine").

Miterhebung von persönlichen Verteilzeiten:

Die folgende Tabelle erläutert die Vor- und Nachteile, wenn in einer arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung persönliche Verteilzeiten mit erhoben werden:

Vor- und Nachteile der Erhebung von persönlichen Verteilzeiten (pVz)
VorteileNachteileTipps und Tricks / Empfehlung

Die gesamte Anwesenheitszeit wird tagesbezogen verteilt und erfasst (auch zusätzliche Pausen; private Gespräche mit Kolleginnen bzw. Kollegen; private Gänge etc.).

Sie ist zur Auslastungsprüfung geeignet.

Sie ist zu Plausibilisierungszwecken geeignet.

Die Beschäftigten könnten sich überwacht fühlen.

Personalvertretung könnte die Erfassung kritisch sehen.

Eine Garantie, dass die Beschäftigten die pVz vollständig / in realem Umfang aufschreiben, gibt es nicht.

Es besteht die Gefahr, dass die Wahrnehmung der Fachaufgabe mit pVz vermischt wird (z. B. privates Telefonieren und parallel Arbeiten an der Fachaufgabe).

Es ist ein Block in der Erhebung zu den pVz zu empfehlen, der nicht weiter ausdifferenziert wird.

Es sollte den Beschäftigten vorab erläutert werden, was pVz sind und was nicht.

Den Beschäftigten sollte erläutert werden, dass die Vorgesetzten keine Liste an persönlichen Verteilzeiten erhalten, die einzelnen Beschäftigten zuzuordnen sind.

Tabelle 8: Vor- und Nachteile der Miterhebung von persönlichen Verteilzeiten

2.4.3.11.2.11 Beschreibung der prozessbezogenen Selbstaufschreibung

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung[57] gehört zu den Erhebungstechniken, bei denen die Beschäftigten begleitend zur Aufgabenerledigung die Daten eigenständig am Arbeitsplatz erheben (Eigenerhebung). Künftig sollen die Daten möglichst überwiegend aus den IT-Fachverfahren / IT-Fachanwendungen in Verbindung mit der E-Akte automatisiert erhoben werden.

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung findet in Zusammenhang mit einem bestimmten Vorgang statt. Dem einzelnen Vorgang, zum Beispiel in einem Fachverfahren[58] , wird ein (digitaler) „Laufzettel“ beigefügt (bzw. künftig protokolliert die E-Akte den „Lauf“ des Vorgangs), auf dem jede beteiligte Person die von ihr geleistete Tätigkeit und die jeweiligen Zeiten (ggf. Eingangszeitpunkt, Ausgangszeitpunkt, Bearbeitungsdauer) mit Name (oder auch pseudonymisiert) oder Stellenbezeichnung vermerkt.

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung liefert detaillierte Informationen über die:

Quelle: eigene Darstellung

Einsatzbereiche der prozessbezogenen Selbstaufschreibung

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung bietet sich insbesondere an für die:

  • Ermittlung und Überprüfung von Prozessen und Schnittstellen,
  • Ermittlung der Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten und
  • Ermittlung von Vorkommenshäufigkeiten von Ablaufvarianten.

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung trifft Aussagen zur Auslastung und zum Personalbedarf bezüglich des untersuchten Prozesses. Sachliche Verteilzeiten, wie z. B. Störungen, können in einem Bemerkungsfeld notiert werden, um bspw. Hinweise zu geben, warum ein Vorgang längere Zeit nicht in die weitere Bearbeitung gegangen ist oder die Bearbeitung länger gedauert hat als gewöhnlich.

Darüber hinaus bildet sie in der Regel nicht alle Aufgaben aller Prozessbeteiligten ab.

Voraussetzung für den Einsatz der prozessbezogenen Selbstaufschreibung ist, dass alle Bearbeitungsschritte an einen Informationsträger (zum Beispiel Antrag, Vorgang) gebunden sind, über dessen Lebenszyklus eine Erhebung stattfinden kann. Weiterhin ist die Eignung abhängig vom Lebenszyklus. Bei langen Lebenszyklen ist die prozessbezogene Selbstaufschreibung nur anwendbar, wenn die Erhebungsdauer darauf angepasst werden kann bzw. der Prozess in Teilprozesse zerlegt und in jeder Prozessphase (ggf. auch im Methodenmix) untersucht wird (siehe auch Repräsentativität).

Vorteile und Anforderungen an einen digitalen Laufzettel

Der digitale Laufzettel ermöglicht das behördenweite, ressortweite oder sogar ressortübergreifende „Einsammeln“ und die „Weitergabe“‘ von Informationen und Daten aus beliebigen Bereichen an andere. Die erforderlichen Personen und bei Bedarf auch die Reihenfolge können im Vorfeld festgelegt werden. Idealerweise bieten digitale Laufzettel Potenzial zur Zeit- und Aufwandsersparnis im Vergleich zum papierbasierten Laufzettelverfahren. Verluste von digitalen Laufzetteln sind dank technischer Unterstützung nahezu ausgeschlossen.

Auch künftig kann es dabei notwendig sein, auf die auswertbaren Daten aus den IT-Fachverfahren zurückzugreifen. Die E-Akte z. B. kann per se keine Auskunft über Bearbeitungszeiten (in Abgrenzung zu Liegezeiten) geben.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Herstellung eines Vorgangsbezugs (insbesondere bei Antragsverfahren) bei der arbeitsplatzbezogenen, täglichen Selbstaufschreibung im Rahmen einer PBE. So bilden Behörden wie bspw. das Luftfahrtbundesamt (LBA) und die Deutsche Rentenversicherung (DRV Bund) die prozessbezogene Selbstaufschreibung über ihr PBE-Tool ab.

Praktisches Beispiel aus der DRV Bund:

Die DRV Bund wählt zum Einstieg in die prozessbezogene Selbstaufschreibung zunächst die obere Aufgabenebene (Aufgabenkatalog, vgl. Abbildung 31).

Quelle: DRV Bund

Abbildung 31: arbeitsplatzbezogene, tägliche Selbstaufschreibung (ohne Prozessbezug, sehr komprimierte Darstellung), Quelle: DRV Bund

Anschließend wird auf Teilaufgaben- und Unteraufgabenebene in die prozessbezogene Betrachtung gewechselt (vgl. Abbildung 32):

Quelle: DRV Bund

Abbildung 32: prozessbezogene Selbstaufschreibung, Quelle: DRV Bund

Die prozessbezogene Selbstaufschreibung zur Ermittlung der durchschnittlichen Bearbeitungszeiten wird meist unter Berücksichtigung einer repräsentativen Stichprobe durchgeführt. Das bedeutet, dass nur die durch die Stichprobe bestimmten und markierten Vorgänge detailliert aufgeschrieben werden müssen (siehe auch Tipp aus der Praxis). Während einer tagesbezogenen Selbstaufschreibung können somit Vorgänge mit und ohne detaillierte Dokumentation auftreten.

Die künftigen digitalen Laufzettel müssen technisch unterstützt im Ablauf zeitlich überwacht werden. Damit wird verhindert, dass Beschäftigte Eingaben versäumen oder vergessen. In einer Übersicht werden alle im Umlauf befindlichen Laufzettel angezeigt. Auch der aktuelle Bearbeitungsstand und z. B. die noch ausstehenden Empfängerinnen bzw. Empfänger werden eingeblendet. Eine intuitive und barrierefreie Bedienbarkeit sind eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz in Behörden. In Zeiten der mobilen Arbeit muss der digitale Laufzettel auch auf allen mobilen Endgeräten einsatzfähig sein und / oder z. B. als App abrufbar sein. Die erhobenen Daten müssen automatisch anonymisierbar sein; spätestens in der Auswertung und Analyse ist eine Rückverfolgung auf einzelne Beschäftigte auszuschließen.

Tipp aus der Praxis

Quelle: eigene Darstellung


Anforderungskatalog für einen künftigen digitalen Laufzettel

Fragestellung / AnforderungErläuterung
Welchem Ziel und welchem Zweck soll der digitale Laufzettel dienen?

Ziel:

  • Aufwands-, Zeit- und Kostenersparnis im Vergleich zum Papier-Laufzettel;
  • Nutzung der automatisierten oder automatisierbaren Auswertungsmöglichkeiten aus laufenden IT-Fachverfahren
    Zweck / Einsatzbereiche:
  • Prozessoptimierung einschließlich Schnittstellenoptimierung
  • PBE
Was muss der digitale Laufzettel können?
  • Ermöglichen des behördenweiten, ressortweiten oder sogar ressortübergreifenden „Einsammelns“ und der „Weitergabe“ von Informationen und Daten aus beliebigen Bereichen an andere
  • Automatisierte Lieferung / Auswertung von Informationen und Daten in anonymisierter oder anonymisierbarer Form.
  • Intuitive und barrierefreie Bedienbarkeit
  • Erfüllen der Anforderungen der IT-Sicherheit Bund (insbesondere hinsichtlich der Kompatibilität zu anderen IT-Systemen)
Welche Daten soll der digitale Laufzettel liefern?

Informationen und Daten zu

  • Bearbeitungszeiten,
  • Liegezeiten,
  • Durchlaufzeiten,
  • Zeitpunkten der Bearbeitung,
  • Bearbeitungsschleifen,
  • Bearbeiterinnen bzw. Bearbeitern/Organisationseinheiten
  • Durchlauf oder Durchlaufstationen
Zu welchen IT-Verfahren sind Schnittstellen zu schaffen?Perspektivisch möglichst zu allen Fachverfahren, die in den Bundesbehörden im Einsatz sind und zur E-Akte Bund
Welche Anforderungen muss der digitale Laufzettel erfüllen?
  • Laufzettelinhalte sind anwenderspezifisch definierbar
  • Abläufe sind berechtigungsgesteuert, d. h. jede bzw. jeder Beschäftigte sieht nur die für sie bzw. ihn relevanten Daten
  • Aktivitäten werden zeitlich überwacht (keine Leistungskontrolle!)
  • am Ablauf Beteiligte werden auf Wunsch durch E-Mail zusätzlich über die Schritte des digitalen Laufzettels benachrichtigt
  • Reihenfolge der Bearbeitung kann vorgegeben werden
  • „erledigte“ Laufzettel werden archiviert

Tabelle 9: Anforderungen an einen digitalen Laufzettel

Vorgehensbeschreibung für die prozessbezogene Selbstaufschreibung

Vorbereitung

Festlegen des Erhebungsziels, der Vorgehensweise und des Betrachtungsbereichs

In einem ersten Schritt wird das Erhebungsziel festgelegt und daraus die Vorgehensweise und der Betrachtungsbereich abgeleitet. Der Betrachtungsbereich ist bei der prozessbezogenen Selbstaufschreibung regelmäßig nicht auf einen aufbauorganisatorischen Bereich begrenzt, da er an ein Objekt und somit an einen Prozess gebunden ist, an dem mehrere Organisationseinheiten beteiligt sein können (Schnittstellen-/Verbundstellenbetrachtung).

Erstellen der prozessbezogenen Aufgabengliederung

Zur Vorbereitung der Datenerhebung wird mit dem Betrachtungsbereich die prozessbezogene Aufgabengliederung ermittelt. Dabei ist es von Vorteil, nicht zu tief zu gliedern, damit der Erhebungs- und Auswertungsaufwand angemessen bleibt und gängige Zeiteinheiten ermittelt werden können (z. B. Minuten). Liegt bereits eine Aufgabengliederung vor, sind die Aufgaben mit Vorgangsbezug zu identifizieren und zu kennzeichnen.

Erstellen des Laufzettels

In einem zweiten Schritt werden die Erhebungsunterlagen, also der Laufzettel (digital oder in Papierform) mit einem Informationsschreiben für die Beschäftigten und eine Verfahrensbeschreibung erstellt (Praxisbeispiel Papierlaufzettel, zu gegebener Zeit Praxisbeispiel digitaler Laufzettel).

Um einen strukturierten Laufzettel erstellen zu können, muss der Prozess bereits bekannt und standardisiert sein. Bei teilstrukturierten Erhebungen reicht es aus, die Aufgaben zu kennen.

Die Erhebungsunterlagen sollten so übersichtlich, eindeutig und selbsterklärend wie möglich aufgebaut sein, um Verständnisprobleme zu vermeiden und die Belastung der Beschäftigten durch die Erhebung so gering wie möglich zu halten. Daher sollten auch:

  • Tätigkeiten von geringem Erkenntnisinteresse soweit wie möglich zusammengefasst und
  • bekannte Daten nicht wiederholt abgefragt werden.

Festlegen der Erhebungsdauer

Die Erhebungsdauer ist so zu wählen, dass eine ausreichende Anzahl an Durchläufen erfasst werden kann. Steht die Erhebungsdauer hingegen bereits fest, muss überprüft werden, ob die prozessbezogene Selbstaufschreibung aufgrund der Anzahl der in diesem Zeittraum zu bearbeitenden Prozessschritte überhaupt möglich ist. Nur so kann das Verfahren in einem akzeptablen Zeitraum aussagekräftige Daten liefern, als durchgängig repräsentativ angesehen werden und die wünschenswerte Ergebnisakzeptanz erhalten. Idealerweise sollten Dauer und geeigneter Zeitpunkt der Erhebung durch Befragung des Betrachtungsbereichs (in einer Voruntersuchung) ermittelt werden. Weitergehende Informationen zum Thema Repräsentativität bei Teilerhebungen sind im Kapitel Teilerhebung mittels Stichprobe dargestellt.

Durchführen eines Testlaufs

In der Praxis hat es sich bewährt, vor dem flächendeckenden Einsatz des Laufzettels oder eines IT-Tools eine zeitlich begrenzte Testerhebung mit ausgewählten Bearbeiterinnen bzw. Bearbeitern durchzuführen. Dies gibt zum einen die Möglichkeit, bei auftretenden Unstimmigkeiten oder Verständnisproblemen Anpassungen an den Formularen oder der Zuordnung zu den Teilprozessen / Prozessschritten vorzunehmen. Zum anderen können die am Testlauf beteiligten Beschäftigten bei der tatsächlichen Erhebung als Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren eingesetzt werden.

Information der Beschäftigten, Vorgesetzten und Gremien

Wichtig für den Erfolg der prozessbezogenen Selbstaufschreibung ist eine detaillierte Vorstellung der Erhebungsunterlagen oder des eingesetzten IT-Tools in einer Informationsveranstaltung. Dort sollte den beteiligten Beschäftigten Gelegenheit für Fragen eingeräumt werden. Wenn ein IT-Verfahren außerhalb der elektronischen Akten zur prozessbezogenen Selbstaufschreibung eingesetzt werden soll, sind vorab IT-Sicherheitsbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen einzubinden sowie der Personalrat zu beteiligen. Sollen die Daten aus der elektronischen Akte direkt herausgezogen werden, empfiehlt sich die Einbindung der genannten Gremien ebenfalls.

Durchführung

Zu Beginn der Erhebungsphase erhalten die Beteiligten in Form einer E-Mail oder eines kurzen Workshops über den Beginn der Erhebungsphase informiert. Nach dem Ende der Erhebungsphase erhalten die beteiligten Beschäftigten eine Information zum Abschluss der Erhebung und zum weiteren Vorgehen. Informationen über die Auswertung erfolgen erst nach Abschluss der Plausibilisierung der erhobenen Daten und nach Aggregierung/Aufbereitung der Daten.
Laufende Vorgänge beginnen mit der Erhebung dort, wo sie sich gerade befinden. Hier wird (IT-unterstützt) kenntlich gemacht, bei welchem Prozessschritt sie sich befunden haben.
Neue Vorgänge beginnen beim definierten Prozess/Vorgangsbeginn.
Alle beteiligten Beschäftigten tragen die von ihnen geleistete Tätigkeit und die jeweiligen Zeiten in den Laufzettel des bearbeiteten Objekts ein, bevor der Vorgang an die nächste Stelle weitergeleitet wird. Sobald ein Vorgang abgeschlossen ist, wird der Laufzettel aus der Erhebung (automatisiert) entfernt und dem Organisatorenteam zugeleitet. Dort werden die Rückläufe überwacht.

Auswertung

Die Daten der Laufzettel werden auf Plausibilität geprüft, (soweit noch nicht geschehen) anonymisiert und IT-gestützt ausgewertet.

Vorteile, Risiken und Stolperfallen der prozessbezogenen Selbstaufschreibung

Vorteile:

  • Der Laufzettel erfasst nur tatsächlich durchgeführte Tätigkeiten.
  • Die ausgewerteten Laufzettel liefern Informationen zum gesamten Prozess.

Nachteile / Risiken / Stolperfallen:

  • Die Erhebung belastet alle Aufgabenträgerinnen bzw. Aufgabenträger des Betrachtungsbereichs während der gesamten Erhebungsdauer.
  • Ergebnisorientierte Datenmanipulationen bei der Erhebung können trotz IT-Unterstützung nicht vollständig ausgeschlossen werden.
  • Aussagen zu persönlichen Verteilzeiten und zur Auslastung des Betrachtungsbereichs sind über die prozessbezogene Selbstaufschreibung nicht möglich. Hierfür sind zusätzliche, arbeitsplatzbezogene Erhebungen erforderlich.

Hinweise und Tipps aus der Praxis

Quelle: eigene Darstellung

2.4.3.11.2.12 Arbeitshilfen für die Selbstaufschreibung

Folgende Abbildung zeigt die wesentlichen Arbeitshilfen für die verschiedenen Formen der Selbstaufschreibung:

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 33: Arbeitshilfen für die Selbstaufschreibung im Überblick[59]

2.4.3.11.2.13 IT-Unterstützung für die Selbstaufschreibung

Es stehen verschiedene Software-Programme unterschiedlicher Anbieter zur Verfügung. Alternativ können auch Datenbank- oder Tabellenkalkulationsprogramme (z. B. MS Excel) verwendet werden.

Mengen sollten vorrangig auf Grundlage von IT-Abfragen ermittelt werden und nicht grundsätzlich im Rahmen der Selbstaufschreibung erfasst werden (redundante Datenerfassung, Belastung des Betrachtungsbereichs und des Organisatorenteams).

Fußnoten

[55] Während die Aufgabe beschreibt, was die Organisation zur Erfüllung ihres (gesetzlichen) Auftrages und ihrer Ziele tut, wird in den Prozessen festgelegt, wie die Organisation ihre Aufgaben wahrnimmt. Aufgaben müssen heute aufgrund der Dynamik von Veränderungen schneller als bisher angepasst und weiter entwickelt werden. Dazu sind die Prozesse entsprechend anzupassen, wobei eine Aufgabe in der Regel in mehreren miteinander verknüpften Prozessen wahrgenommen wird.
[56] Aufgaben, die zu wenig / zu selten im Erhebungszeitraum anfallen, können auch in der Selbstaufschreibung mit erhoben werden. Die erhobenen Daten können allerdings mangels Repräsentativität nicht verwendet werden. Dies sollte dokumentiert werden und die entsprechenden Aufgaben sind dann analytisch zu schätzen. Dieses Vorgehen sollte in der Dokumentation unter dem Stichwort „Methodenauswahl“ begründet werden.
[57] vormals Laufzettelverfahren
[58] künftig in Verbindung mit einer elektronischen Akte
[59] Praxisbeispiele und Vorlagen werden weiterhin gesucht (insbesondere sonstige Tools und Digitaler Laufzettel) und werden sukzessive zum Download zur Verfügung gestellt.