2.4.5 Personalbedarfsprognosen

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung

Prognosemethoden zur Unterstützung der Personalressourcensteuerung und Personalbedarfsplanung

Für die Ressourcensteuerung und zukunftsorientierte Personal(bedarfs)planung werden immer häufiger Prognosen herangezogen, die die „klassischen“ Methoden der PBE ergänzen können, aber eine PBE nicht ersetzen.

Die Prognosen beruhen auf retrospektiven (vergangenheitsbezogenen), empirischen Erhebungen bzw. Daten. Idealerweise liegen also bereits Daten aus der Personalbedarfsermittlung (PBE) vor.

Flexibilität

Bei den nachfolgend dargestellten Analysen ist es nicht möglich, sämtliche Einflussgrößen zu berücksichtigen. Die nicht berücksichtigten Einflussgrößen können jedoch im Zeitverlauf den Personalbedarf entscheidend beeinflussen. Dies hat zur Folge, dass in der Vergangenheit nicht registrierte, nunmehr wesentliche Einflussgrößen die Berechnung in Frage stellen.

Flexibilität bedeutet an dieser Stelle, auf bestimmte veränderte Umstände anpassungsfähig zu reagieren. Voraussetzung ist ferner, dass die auf den Personalbedarf wirkenden Einflussgrößen auch künftig die gleiche Bedeutung wie in der Vergangenheit haben und die Aufgaben sich nicht wesentlich ändern. Im Rahmen von Zeitreihenanalysen werden Entwicklungen von Mengen anhand von Zeitpunkten (z. B. am 1.1. des Jahres) oder Zeitabschnitten (z. B. Monat) untersucht. Für die Aussagekraft der Analyse ist wesentliche Voraussetzung, dass die Zeitreihen lückenlos sind. Fehlende Werte sind ggf. zu schätzen bzw. zwischen bekannten Werten einer Funktion zu errechnen. Ein solcher Trend ist beispielsweise im Rahmen der COVID-19-Pandemie am Beispiel der Gesundheitsämter erkennbar: Während der Pandemie steigt die Zahl der Infizierten in der Bevölkerung und damit verbunden auch die Anzahl der Telefonate in den Gesundheitsämtern. Das ansteigende Arbeitsvolumen wird durch eine vorübergehende Personalverstärkung durch Bundeswehr und Beschäftigte anderer Behörden (keine Begründung von Dauerstellen ohne Analytische PBE) anhand der ermittelten Trends bewältigt, vgl. auch saisonale Schwankungen.

Beispiel Trend Digitalisierung: Aktuell werden in vielen Behörden analog eingehende Schreiben digitalisiert: Sobald Schreiben zunehmend digital übermittelt werden, werden die Digitalisierungszahlen (Fallzahlen) und damit der VZÄ-Bedarf für diese Aufgabe sinken. Mithilfe einer Trendanalyse können frühzeitig Personalressourcen priorisiert und umgesteuert werden, z. B. indem freiwerdende Stellen in diesem Aufgabenbereich nicht nachbesetzt, aber anderweitig genutzt werden: z. B. Verlagerung von Stellenanteilen in andere Aufgabenbereiche, wo diese aufgrund von Priorisierung dringend benötigt werden.

Auch für neue Aufgaben können Prognosemethoden unter Berücksichtigung von Vergleichswerten ähnlich gelagerter Aufgaben/Prozesse hilfreich sein, um Entwicklungen vorherzusagen und damit Trends zu begründen (z. B. wenn der Aufwand für die Einarbeitung von Auszubildenden bekannt ist, kann daran orientiert auch der Aufwand für die Einarbeitung von Quereinsteigern prognostiziert werden).

Sobald neue Aufgaben Routine erlangen konnten, sind die Abläufe zu untersuchen und Zeiten und Mengen mit den bekannten PBE-Methoden zu erheben.

Die Ergebnisse der Trendanalyse (hier: Zeitreihenanalyse) sind häufig Grundlage für die Korrelations- und die Regressionsanalyse (siehe Beispiel Methodenübersicht unten).

Im ersten Schritt ist zu klären, inwiefern eine wechselseitige Beziehung besteht und wie stark diese ausgeprägt ist (Korrelation). Der stärkste Zusammenhang, der zwischen verschiedenen betrachteten Einflussgrößen ermittelt werden konnte (geeignet ab 0,8 und optimal bei 1), bildet die Grundlage für die Regressionsanalyse. Entscheidend ist, dass bei vergangenheitsorientierten Verfahren die Übertragbarkeit auf zukünftige Entwicklungen angenommen[95] werden kann. Die Grenzen vergangenheitsorientierter Verfahren sind erreicht, sobald sich Abläufe, Bearbeitungszeiten, Rahmenbedingungen und/oder Einflussfaktoren ändern. Da dann eine Vergleichbarkeit nicht mehr gewährleistet ist, ist spätestens ab diesem Zeitpunkt in die ablauforganisatorische Betrachtung einzusteigen. Ob prognostische Personalbedarfsplanungen gezielt für einzelne Teilbereiche oder für die Organisation im Ganzen möglich sind, hängt vor allem vom jeweiligen Anwendungsfall und von der intern organisatorischen Möglichkeit ab, Personal teilbereichsübergreifend flexibel einzusetzen.[96]

Im Folgenden werden die statistischen Methoden der Zeitreihenanalyse, Korrelationsanalyse und der Regressionsanalyse und vorgestellt. Der folgende Abschnitt zu Korrelations-, Regressions- und Zeitreihenanalysen baut notwendigerweise auf statistischen Grundlagen auf und platziert an geeigneter Stelle Verweise auf Exkurse und weiterführende Literatur für die Anteile, die inhaltlich den Rahmen des vorliegenden Beitrages zu weit fassen würden.

Für quantifizierbare Aufgabenbereiche kommen vor allem vergangenheitsorientierte Methoden wie Regressions-, Korrelations- und Trendanalysen[97] zum Einsatz.

Methodenübersicht
MethodeErkenntnisinteresseAnwendungsbeispiel
ZeitreihenanalyseTrend-, Saison- und konjunkturelle Effekte einer Zeitreihe zu einem Merkmal überprüfen und Prognose der zukünftigen Entwicklung durchführen.Wie entwickelt sich die Anzahl der Auszubildenden seit dem Jahr 2015 bis heute?
KorrelationsanalyseGrad der wechselseitigen Beziehung zwischen zwei Merkmalen überprüfen, bei denen (noch) nicht notwendigerweise ein kausaler Zusammenhang erklärt werden kann.Wie stark ist der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Auszubildenden und der angebotenen beruflichen Orientierungstage in Schulen?
RegressionsanalyseEinfluss eines bestimmenden Merkmals auf ein anderes, abhängiges Merkmal überprüfen und Prognose für eine Merkmalsausprägung durchführen.Um welchen Wert verändert sich die Anzahl der Auszubildenden durchschnittlich pro angebotenem beruflichen Orientierungstag an einer Schule?

Tabelle 20: Übersicht der Prognosemethoden / stochastischen Methoden

Fußnoten

[95] Vgl. NICOLAI 2019, S. 53.
[96] Vgl. THOMMEN et al. 2017, S. 383.
[97] Trendanalysen können beispielsweise auch aus Online-Befragungen oder telefonischen Befragungen resultieren. Im Zusammenhang mit der Personalressourcensteuerung bzw. der Personalbedarfsplanung ist in der Regel die Analyse von Zeitreihen relevant.