2.4.7.2.6 Beispiele aus der Praxis BVA

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung

Implementierung der Dienstpostenbewertung im Bundesverwaltungsamt (BVA)

Praxisbeispiel aus dem Organisationshandbuch
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Kapitel im Orghandbuch2.4.7.2 Implementierung einer Dienstpostenbewertung
Titel des PraxisbeispielsImplementierung einer Dienstpostenbewertung im Bundesverwaltungsamt
Behörde / OrganisationBundesverwaltungsamt
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2014 wurde die Dienstpostenbewertung im Bundesverwaltungsamt (BVA) eingeführt. Auf Grundlage einer Vorstudie des Organisationsreferates hat die Behördenleitung (BL) des BVA entschieden, dass hierfür das Gutachten „Stellenplan – Stellenbewertung. 7. Auflage (G 1/2009)“ der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) als Bewertungsmodell zugrunde gelegt wird. Das BVA ist seit 01. Januar 2014 Mitglied der KGSt.

Das Gutachten der KGSt ist ein analytisches Dienstpostenbewertungsmodell, welches sich seit vielen Jahren im kommunalen Sektor etabliert hat und vermehrt von Verwaltungsgerichten als Maßstab anerkannt wird. Mittlerweile wird auch der Nutzerkreis auf Bundesebene immer größer. Wesentliche Entscheidungskriterien für die Anwendung dieses Bewertungsmodells waren für das BVA:

  • die Anwendbarkeit des Modells auf alle zu bewertenden Dienstposten (auch im IT-Bereich)
  • die anforderungsgerechte Bewertung
  • die Transparenz und Nachprüfbarkeit der Bewertung
  • die Anpassungsfähigkeit an eine veränderte Aufgabenstellung oder Organisation
  • die auf das BVA zugeschnittene Anpassung des Merkmals „Leitungsverantwortung“, welches im KGSt-Gutachten eher auf kommunale Bezugsgrößen abstellt
  • die Festlegung örtlicher Grundsätze [1], die dem BVA obliegt

Planung und Durchführung der Dienstpostenbewertungen

Mit Wirkung vom 01. Februar 2014 wurde die Projektgruppe Dienstpostenbewertung (PG DPB) in der Zentralabteilung eingerichtet. Der Projektauftrag beinhaltete, federführend die Erstbewertung aller Dienstposten im BVA vorzunehmen, örtliche Grundsätze festzulegen, die Ergebnisse zu dokumentieren und somit eine fortschreibungsfähige Dienstpostenbewertung im Bundesverwaltungsamt zu etablieren. Mittlerweile ist die Erstbewertung abgeschlossen, die Aufgabe wird nunmehr im Organisationsreferat fortgeführt.

Für die Implementierung und Durchführung der Dienstpostenbewertung wurden insbesondere folgende Rahmenbedingungen zwischen PG DPB und BL vereinbart:

  • Die kontinuierliche Aufgabenerfüllung des BVA ist während der Stellenbewertung sicherzustellen.
  • Die Stellenbewertung erfolgt für alle Beteiligten nachvollziehbar und transparent.
  • Die Ergebnisse der Stellenbewertung werden dokumentiert und sind fortschreibungsfähig.

Ferner wurde ein Projektplan inklusive Stakeholderanalyse, Risikoanalyse, Kommunikationskonzept und konkretem Zeitplan erstellt und mit der BL abgestimmt.

Der Quervergleich

Zur Sicherstellung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes wurden in der Abschlussphase eines jeden Teilprojektes sämtliche Bewertungsergebnisse einem sogenannten Quervergleich unterzogen. Dabei wurde jedes Merkmal einer (Einzel-)Bewertung mit allen anderen (Einzel-)Bewertungen dahingehend abgeglichen, ob gleiche Tätigkeiten gleich bewertet wurden, ob die festgelegten örtlichen Grundsätze überall entsprechend berücksichtigt wurden und ob ggf. weiterer grundsätzlicher Auslegungsbedarf bestand. Der Quervergleich ist mittlerweile ein fester Bestandteil bei der Qualitätssicherung aller Bewertungsgutachten.

Umgang mit den Bewertungsergebnissen

Wie zu erwarten, stimmten die Bewertungsergebnisse nicht in jedem Fall mit der jeweiligen BesGr der Dienstposteninhaber überein. Für diese Fälle wurden seitens des Personalbereiches Handlungsempfehlungen entwickelt und mit der BL frühzeitig abgestimmt. Bereits vor der Verkündung der Bewertungsergebnisse wurden alle Beteiligten einschließlich der Gremien und Beauftragten darüber informiert. Der betreffende Personenkreis erhielt im Informationsschreiben neben dem Bewertungsergebnis explizit den Hinweis zur vorliegenden Abweichung und erste Informationen zum weiteren Verfahrensweg.

Im Anschluss der einzelnen Teilprojekte, erfolgte im Rahmen eines strukturierten Verfahrens durch den Personalbereich, die personalwirtschaftliche Umsetzung der Bewertungsergebnisse.

Ziel des Verfahrens war es, möglichst alle Beamtinnen und Beamten auf einem Dienstposten einzusetzen, deren Bewertung ihrer jeweiligen Besoldungsgruppe entspricht, um eine amtsangemessene Beschäftigung sicherzustellen. Dies wurde im Rahmen von Interessenbekundungs- und / oder ggf. Ausschreibungsverfahren realisiert, bei denen sich die betreffenden Personen für die zu besetzenden Stellen bewerben konnten.

Erfolgsfaktor Kommunikationskonzept

Die erfolgreiche Implementierung der Dienstpostenbewertung und Akzeptanz ist nicht zuletzt auf das umfangreiche Kommunikationskonzept und -angebot zurückzuführen. Es hat die Arbeit der Projektgruppe von Anfang bis Ende flankiert und war ein wesentlicher Bestandteil der gesamten Projektplanung und -durchführung.

Vor Beginn eines jeden Teilprojektes wurden neben der BL alle Abteilungsleitungen und weiteren Führungskräfte über das Bewertungsmodell und das Vorgehen der PG DPB in Jour Fixen und Informationsveranstaltungen informiert.

Ebenso wurden Informationsveranstaltungen und Sprechstunden pro Teilprojekt an jedem Standort für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf den Dienstpostenbeschreibungen, da diese von den Fachbereichen erstellt wurden. Parallel dazu wurden sämtliche Informationen im Intranet des BVA (OfficeNet) bereitgestellt.

In mehr als 95 % aller Bewertungsfälle wurden Interviews vor Ort mit den jeweiligen Dienstposteninhaberinnen und –inhabern geführt und ggf. Arbeitsproben begutachtet.

Auch die Gremien und Beauftragten wurden in regelmäßigen Abstand zum Fortschritt der Dienstpostenbewertung in Jour Fixen informiert.

Rückblickend waren die enge Abstimmung und der regelmäßige Austausch mit der Behördenleitung ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Sie wurde quartalsweise von der PG DPB über den Sachstand und Fortschritt informiert. Der Präsident hat zudem Wortbeiträge im OfficeNet zum Start und Abschluss aller Teilprojektes verfasst und die persönliche Informationsschreiben für jede / jeder Mitarbeiterin / Mitarbeiter unterzeichnet. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war somit klar, dass die BL hinter dem Projekt und dem daraus resultierenden Umgang mit den Bewertungsergebnissen steht.

Die an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter adressierten Informationsschreiben mit dem jeweiligen Ergebnis der Dienstpostenbewertung, wurden persönlich durch die jeweilige Referatsleitung ausgehändigt - je Teilprojekt an einem einheitlich festgelegten Datum. Zudem erhielten die Referatsleitungen einen Sprechzettel an die Hand, um erste Fragen zum Ergebnis und ggf. dem (personalwirtschaftlichen) Handlungsbedarf beantworten zu können. Das jeweilige Informationsschreiben wurde nicht zur Personalakte genommen, da es sich hierbei nicht um personenbezogene Informationen handelte.

Insgesamt hat das breit aufgestellte Kommunikationsangebot zu einer deutlichen Akzeptanz im BVA geführt, auch wenn die Ergebnisse im Einzelfall nicht immer gefielen.

Die PG DPB wurde zum 31.10.2019 nach Abschluss der erstmaligen Bewertung aller Dienstposten aufgelöst. Insgesamt wurden rund 2000 Dienstposten bewertet. Die Aufgabe wird nun innerhalb des Organisationsreferates von einem Bewertungsteam zusammen mit der tariflichen Bewertung fortgeführt.

Exkurs zur Bündelung von Dienstposten im Bundesverwaltungsamt

Im Zuge der Einführung der Dienstpostenbewertung musste auch entschieden werden, ob und in welcher Form eine Bündelung von Dienstposten in den jeweiligen Laufbahngruppen vorgenommen wird.

Unter Bündelung versteht man die Zuordnung eines bewerteten Dienstpostens zu mehreren Ämtern einer Laufbahn.
Nach § 18 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) sind (alle) Funktionen zu bewerten und Ämtern zuzuordnen. Dabei kann die Zuordnung zu einem Amt (Spitzbewertung) oder zu mehreren Ämtern (Bündelung) erfolgen. Eine Bündelung, also die Zuordnung eines Dienstpostens zu mehreren Ämtern, die zwingend zu derselben Laufbahngruppe gehören müssen, ist nach § 18 Absatz 1 Satz 2 BBesG zulässig. Eine Funktion kann danach im nachgeordneten Bereich bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe, in obersten Bundesbehörden allen Ämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden.

Die Regelung des § 18 BBesG eröffnet den Behörden damit einen Gestaltungsrahmen, der neben der Spitzbewertung auch die Bündelung von Dienstposten zulässt. Die Entscheidung über eine Spitzbewertung oder Bündelung liegt in der Organisationshoheit der jeweiligen Behörde. Sie ist als Ermessensentscheidung behördenspezifisch zu treffen und sachlich zu begründen.

Grundlage für die Ermessensentscheidung einer Bündelung im BVA war u. a. ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015. Das Bundesverfassungsgericht hat –vor der Neufassung des § 18 BBesG - in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 –die Notwendigkeit einer sachlichen Begründung zur Bündelung von Dienstposten bekräftigt. Dabei müssen die Anforderungen an die Begründung zwangsläufig steigen, je größer das Dienstpostenbündel gebildet werden soll.

Die sachgerechte Bewertung einer Funktion und die daran anknüpfende Ämterzuordnung dienen der Sicherstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einer amtsangemessenen Alimentation und einer amtsangemessenen Beschäftigung.

Eine Bündelung bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe ist unbedenklich, sofern ein sachlicher Grund hierfür angegeben werden kann. Dabei ist besonderes Augenmerk auf eine differenzierte Begründung zu legen. Da das BVerfG von der Fallgruppe „Massenverwaltung“ nur „insbesondere“ spricht, können daneben auch andere sachliche Gründe in Erwägung gezogen werden, wie z. B.:

  • der betroffene Bereich ist Teil einer sogenannten Massenverwaltung, bei der Dienstposten mit ständig wechselnden Aufgaben bzw. Anforderungen einhergehen,
  • in den Aufgabeninhalten besteht ein hohes Veränderungspotenzial (etwa durch Abhängigkeit von politischen oder fachlichen Vorgaben, die zu rasch wechselnder Schwerpunktsetzung führen können),
  • der betroffene Bereich erfordert eine sich von den allgemeinen Anforderungen erheblich abgrenzende Qualifizierung und ein nur im täglichen Dienst zu erwerbendes Spezialwissen (Spezialisierung), die einen langfristigen Expertiseerhalt erforderlich machen,
  • der betroffene Bereich ist aufgrund seines Alleinstellungsmerkmals organisatorisch so auszugestalten, dass zur Regeneration ein möglichst breiter Personalkörper in Frage kommen kann.

Die Behörde muss sich zudem bewusst machen, welche Dienstposten von der Bündelung betroffen sind und welche Aufgaben in dieser Spannweite anfallen. Andernfalls besteht nicht die - für die Zulässigkeit einer Dienstpostenbündelung wiederum erforderliche - Möglichkeit einer angemessenen Leistungsbewertung. Von einer solchen Möglichkeit ist grundsätzlich auszugehen, wenn in die Bündelung höchstens drei Ämter derselben Laufbahngruppe einbezogen werden.

Fußnoten

[1] Örtliche Grundsätze umfassen Festlegungen bzw. Auslegungen zu unbestimmten, nicht näher definierten Begrifflichkeiten des KGSt-Modells. So hat die PG DPB bspw. definiert, wie groß ein größerer Personenkreis im Gegensatz zu einem sehr großen Personenkreis ist (im Merkmal Ausführungsverantwortung). Die getroffenen Festlegungen wurden dokumentiert und gelten somit für alle Dienstpostenbewertungen im BVA (nicht für andere Behörden, daher auch der Begriff „örtliche“ Grundsätze).