3.3.3 Prozessmanagement betreiben

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung

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Das Projekt „Einführung von Prozessmanagement“ ist abgeschlossen, wenn alle Voraussetzungen für ein reibungsloses Funktionieren in der Linienorganisation geschaffen und ggf. anhand erster zu optimierender Schlüsselprozesse erprobt wurden. Es ist nicht davon auszugehen, dass alle im Projekt entwickelten Regelungen, Festlegungen und Planungen konkreter Prozessoptimierungsprojekte gleich zu Beginn optimal funktionieren. Sie sind vielmehr immer wieder zu hinterfragen und an neue Erkenntnisse aus der Praxis anzupassen. Auch dabei spielt das Veränderungsmanagement eine wichtige Rolle. Das regelmäßige Nachfragen bei den Beschäftigten, was gut läuft, wo Probleme auftauchen oder was verbessert werden kann, hilft, das Bewusstsein für eine konsequente Prozessorientierung lebendig zu halten und langfristig eine von allen gelebte Prozesskultur (Führungs- und Organisationskultur) zu verwirklichen. „Auch ist es unabdingbar, den Informationsfluss kontinuierlich zu gestalten. Neben gezielten Einzelmaßnahmen, wie z. B. initiale Auftaktveranstaltungen bei neuen Projekten ist es wichtig, kontinuierlich Informationen z. B. durch regelmäßig veröffentlichte Projekttelegramme oder Newsletter, Informationsveranstaltungen oder einen Intranetauftritt bereitzustellen“.[27]

Auch der zu Beginn prognostizierte Personalbedarf für die Aufgaben des Prozessmanagements ist regelmäßig zu prüfen. Ggf. müssen Prozessmanagementziele und verfügbare Personalressourcen erneut aufeinander abgestimmt werden. Prozessmanagement ist sowohl eine Daueraufgabe als auch eine Aufgabe, die in Projekten (etwa zur Optimierung und Digitalisierung einzelner Prozesse) bearbeitet wird. Die Projektplanung sollte eine grobe Beschreibung der Arbeitspakete einschließlich des geschätzten Aufwandes je Arbeitspaket enthalten (Projektmanagement). Etwa 75 % bis 85 % des Aufwandes sollten für die inhaltliche Projektarbeit und etwa weitere 15 % bis 25 % für das Projekt- und Veränderungsmanagement kalkuliert werden. Es ist dringend zu empfehlen, die einem Projekt zugeordneten Teammitglieder sowie die Projektleitung im erforderlichen Ausmaß von ihren Aufgaben in der Linienarbeit zu entlasten.[28]

Ziel des Prozessmanagements ist es, dass sich die Organisation sowohl auf der Ebene der einzelnen Prozesse als auch prozessübergreifend kontinuierlich verbessert. Für das übergreifende Prozessmanagement sollte der PDCA-Zyklus an das Strategische Management gekoppelt werden, d. h.: Die aus der Gesamtstrategie abgeleiteten Anforderungen an das Prozessmanagement werden quantifizierbarbeschrieben (P = plan). Im nächsten Schritt werden auf allen Ebenen der Organisation prozessbezogene operative Ziele und Kennzahlen definiert und Maßnahmen initiiert, um diese Anforderungen zu erfüllen (D = do). In der Check-Phase wird in festgelegten Intervallen überprüft, inwieweit das übergreifende Prozessmanagement seine Ziele erreicht (Prozesscontrolling). Werden Ziele verfehlt, muss auf der operativen Ebene nach Ursachen und Maßnahmen gesucht werden, um die Zielerreichung zu verbessern. Ursachen für eine Zielverfehlung können z. B. darin liegen, dass die Ziele (Bearbeitungszeiten, Fallzahlen, Qualitätsstandards) nicht mit den verfügbaren Personalressourcen erreicht werden können. Das Ausbalancieren von Zielwerten und verfügbaren Personalressourcen ist ein kontinuierlicher Prozess, der mithilfe fortzuschreibender PBE-Daten gesteuert werden kann. Sie geben Auskunft über Mehr- oder Minderbedarfe aufgrund von Veränderungen (der Prozesse, der Ziele) und unterstützen so eine bedarfsgerechte quantitative Personalausstattung der Prozesse. Ursachen für Zielverfehlungen können aber auch Qualifikationsdefizite oder eine mangelnde Akzeptanz des prozessorientierten Arbeitens (in z.T. neuen Prozessen) sein. Hier sind das Fortbildungs- und Veränderungsmanagement-Konzept zu überprüfen und ggf. anzupassen bzw. intensiver umzusetzen.

Im Rahmen der Strategieüberprüfung oder Neuausrichtung bilden die Kennzahlen des Prozessmanagements einen wichtigen Input für die interne Stärken-Schwächen-Analyse.

Veränderungen in den strategischen Zielen einer Behörde können Anpassungen in der Ausrichtung des Prozessmanagements erfordern. Maßnahmen können sein, dass weitere Prozesse in die übergreifende Steuerung einbezogen werden, dass die Ressourcenausstattung an die definierten Prozess-Ziele angepasst oder in Qualifizierungen investiert werden muss.

Der Erfolg des Prozessmanagements einer Organisation ist daran zu messen, inwieweit es seine Ziele zur Umsetzung der Gesamtstrategie erreicht und inwieweit die kontinuierliche Verbesserung der einzelnen, strategisch bedeutsamen Prozesse gelingt. Es geht also darum, Schlüsse über die Wirkung von Verbesserungsmaßnahmen aus den gewonnenen Daten der Prozessdurchführung zu ziehen und gegebenenfalls weitere korrigierende Maßnahmen zu ergreifen.

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Praxisbeispiel (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)): Aufgaben der kontinuierlichen Prozesssteuerung

Die Effektivität und Effizienz des eigenen Prozessmanagements kann eine Behörde auch mithilfe eines Reifegradmodells bewerten. Dabei werden anhand eines vorgegebenen Kriterienkataloges die eigenen Stärken und Schwächen bewertet, um hieraus Handlungsoptionen abzuleiten und Verbesserungsmaßnahmen zu initiieren.[30] Ein solches Reifegradmodell enthält auch das Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung - Projekt Prozessmanagement“.[31]

Für die Weiterentwicklung des Prozessmanagements einer Behörde ist schließlich der Erfahrungsaustausch mit anderen Behörden von unschätzbarem Wert. Möglichkeiten hierzu bilden u. a. Konferenzen oder die Teilnahme an den Veranstaltungen des Netzwerks Prozessmanagement.[32]

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Automatisierung von Prozessen
Erste Auswertungen von Praxisbeispielen zeigen, dass in der öffentlichen Verwaltung große Potenziale für die Automatisierung von Prozessen liegen. Dies betrifft vor allem Prüf- und Kontrollvorgänge wie beispielweise die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit bei natürlichen Personen. Empfohlen wird, bereits erprobte Automatisierungskonzepte zu teilen und sie zu kopieren. Prozessautomatisierungen – auch mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) - ermöglichen in Zukunft zusätzliche Effizienzsteigerungen. Zum Einsatz von KI müssen derzeit noch eine Fülle juristischer und ethischer Fragestellungen geklärt werden. Weitere Informationen hierzu finden sich in folgender Publikation.

verweist auf: LiteraturverzeichnisLiteraturhinweis/Bildquelle: BMI

Nationales E-Government Kompetenzzentrum e. V. (Hrsg.): Kurzstudie „Robotergestützte Prozessautomatisierung für die digitale Verwaltung, Berlin 2020.


Fußnote

[27] DIN SPEC 90158, S. 101.
[28] Vgl. DIN SPEC 90158S. 21
[29] Vgl. Netzwerk Prozessmanagement 2017, S. 52.
[30] Vgl. DIN SPEC 90158, S. 89 ff. Hier werden ausgewählte Reifegradmodelle aus dem deutschsprachigen Raum einander gegenübergestellt.
[31] Vgl. Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung; Projekt Prozessmanagement, Reifegradanalyse.
[32] Kontakt über das Kompetenzzentrum Prozessmanagement des Bundesverwaltungsamtes: Prozessmanagement@bva.bund.de