Szenariotechnik

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Methoden und Techniken

verweist auf: Methoden von A bis ZMethodensteckbrief

Bezeichnung der Methode bzw. TechnikSzenariotechnik
Kategorie (Zweck)
> Planen, Strukturieren, Entscheiden
> Ideen und Lösungen finden
Anwendungsbereiche
Positionsbestimmung, Strategieentwicklung, Entwicklung von Handlungsempfehlungen, Zielentwicklung
KurzbeschreibungDie Szenariotechnik ist ein Instrument zur Entscheidungsvorbereitung und -findung. Auf Grundlage aktueller Annahmen werden mögliche Zukunftsbilder systematisch herausgearbeitet und Handlungsempfehlungen formuliert.
Voraussetzungen / Rahmenbedingungen / Grundlagen
Je nach Fragestellung können die Szenarien mittels ein oder mehrerer Workshops entwickelt werden. Der Untersuchungsgegenstand sollte klar definiert und ein grundlegendes Wissen über die Rahmenbedingungen vorhanden sein.
Eine Moderation kann hierbei unterstützen.
Grobe Einschätzung des Zeit- und PersonalaufwandesDer Aufwand ist abhängig vom Untersuchungsgegenstand (Umfang, Planungshorizont).
Vorteile/Stärken der Methode> Flexible Einsetzbarkeit
> umfassende Betrachtung
> Schaffung von Transparenz
Stolperfallen „Darauf sollten Sie achten“> überschaubaren Prognosezeitraum festlegen
> verschiedene Quellen nutzen
> heterogenes Team zusammenstellen
Weiterführende Medien und Quellen> https://wirtschaftslexikon.gabler.de/:::,
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.projektmagazin.de/:::,
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.buergergesellschaft.de/:::
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.risknet.de/wissen/:::,
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.lexoffice.de/:::,
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.christianhmeyer.de/:::,
abgerufen am 12.05.2022.
> https://www.buchreport.de/:::,
abgerufen am 04.05.2022.

Einführung / Definition

Unter der Szenariotechnik wird ein Verbund von verschiedenen Methoden verstanden. Sie kann dabei für ein gesamtes Projekt, aber auch nur für eine Phase oder einzelne Aufgabenstellungen angewendet werden. Mit Hilfe von Annahmen sowie der Analyse von möglichen Einflussfaktoren werden Prognosen erstellt. Diese umfassen verschiedene mögliche Zukunftsbilder, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen können. Im Fokus der Erhebung stehen besonders die Wirkungszusammenhänge und mögliche Entscheidungspunkte. Neben quantitativen Daten und Informationen werden dabei auch qualitative Einschätzungen mit einbezogen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen können dann konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Die Szenariotechnik dient insbesondere als Instrument für die Entscheidungsvorbereitung und -findung. Sie wird vorrangig bei zukunftsorientierten Fragestellungen eingesetzt. Daneben kann sie aber auch bei einer unmittelbar anstehenden Entscheidung unterstützen, unter möglichen Alternativen auszuwählen.

Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Grundlagen

Die mit Hilfe der Szenariotechnik erstellten Prognosen werden im Folgenden als Szenarien bezeichnet. Es werden dabei immer mindestens zwei Szenarien erstellt:

  • Positives, bestmögliches Szenario (Best Case)
  • Negatives, schlechtmögliches Szenario (Worst Case)

Innerhalb dieser „extremen“ Ausprägungen sind optional weitere Szenarien denkbar, wie bspw.:

  • Trendszenario, wahrscheinlichste Projektion (Most Likely Case)
  • Alternative Szenarien für weitere Annahmen

Die Rahmenbedingungen sollten bekannt sein. Hierzu zählen die Ausgangssituation und das Umfeld des Untersuchungsgegenstands, sowie mögliche Einflussfaktoren.

Die Ergebnisse der Szenariotechnik können mit Hilfe des sogenannten „Szenario-Trichters“ grafisch dargestellt werden: Je weiter sich von der heutigen Situation in Richtung Zukunft bewegt wird, desto mehr nehmen mögliche Unsicherheiten sowie Komplexität zu.

Gängige Planungshorizonte können wie folgt definiert werden:

  • kurzfristig (ca. 5–10 Jahre)
  • mittelfristig (ca. 11–20 Jahre)
  • langfristig (über 20 Jahre)

Abbildung Trichter in Anlehnung an: https://www.buchreport.de/news/pp-grundlagen-der-szenariotechnik/ Abbildung Trichter in Anlehnung an: https://www.buchreport.de/news/pp-grundlagen-der-szenariotechnik/ (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster)

Abbildung Trichter in Anlehnung an: https://www.buchreport.de/news/pp-grundlagen-der-szenariotechnik/

Anwendungsbereich, Vorteile und mögliche Risiken der Methode

Die Szenariotechnik ist flexibel einsetzbar. Sie kann in jeder Projektphase und für beliebige Themengebiete angewendet werden.

Szenarien zeigen frühzeitig mögliche oder wahrscheinliche Einflüsse auf den Untersuchungsgegenstand auf. Dementsprechend kann präventiv gehandelt werden. Generell ist die Anwendung der Szenariotechnik durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • umfassend: Erfassung aller relevanten Einflussfaktoren
  • transparent: Offenlegung aller genutzten Daten und Begründung der eingesetzten Methoden
  • kreativ-intuitiv: Verdichtung der Daten und Einflussfaktoren zu anschaulichen „Zukunftsbildern“

Zudem sollten die Szenarien möglichst in einem offenen Diskurs entwickelt und Annahmen konkretisiert werden, um Plausibilität und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Hierbei werden auch widersprüchliche oder unstimmige Annahmen aufgedeckt. Diese sollten dann von den Beteiligten entsprechend diskutiert und ein gemeinsames Verständnis geschaffen werden. Da sich die Szenariotechnik nicht nur auf reine Ursache-Wirkungs-Beziehungen beschränkt, wird somit auch interdisziplinäres Denken ermöglicht.

Mögliche Risiken der Szenariotechnik liegen in der aufwendigen Beschaffung von Informationen, wenn nur wenig oder gar nichts über den Untersuchungsgegenstand bekannt ist. Je umfassender die Informationsgewinnung ausfällt, um so belastbarer sind die entwickelten Szenarien.

Eine hohe Komplexität sollte vermieden werden, da mögliche Wechselwirkungen zwischen sehr vielen Einflussflaktoren nur noch unzureichend eingeschätzt werden können. Ebenso sollten die Motivation für die Durchführung der Szenariotechnik, sowie die Interessen der Auftraggeber mit einbezogen werden.

Methodenbeschreibung

In der Literatur findet sich kein einheitliches Vorgehensmodell. Grundsätzlich lassen sich folgende drei Phasen identifizieren:

a. Analysephase
b. Entwicklung der Szenarien
c. Auswertung der Erkenntnisse

Im Folgenden werden diese Phasen mit ihren Durchführungsschritten beschrieben.

a. Analysephase

Problemanalyse und IST-Beschreibung

Im ersten Schritt wird für alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis geschaffen. Dazu wird der Untersuchungsgegenstand definiert und abgegrenzt. Dies schafft Klarheit über das Ziel bei der Anwendung der Szenariotechnik.

Weiterhin sollte mit allen Beteiligten die Ausgangslage/Ist-Situation beschrieben werden. Dabei können die aktuellen Ziele und Strategien der Organisation betrachtet werden. Bspw. können mittels der SWOT-Analyse die gegenwärtigen Stärken und Schwächen analysiert sowie Rahmenbedingungen erfasst werden. An dieser Stelle sollte auch der zeitliche Planungshorizont für die Szenarien festgelegt werden.

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Zusammenstellung aller Beteiligten

Das Team sollte möglichst heterogen zusammengestellt werden. Einblicke aus verschiedenen betroffenen Fachbereichen und Funktionsebenen helfen dabei, alle relevanten Informationen für die jeweiligen Szenarien zu betrachten.

Eine externe Moderation kann hilfreich sein, diese hält den methodischen Fokus. Die Teilnehmenden des Workshops können sich auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren.

Einführung in das Thema

Zur Einführung in das Thema können kurze Impulsvorträge, Präsentationen zur Strategie, dem Leitbild etc. hilfreich sein. Auch thematische Poster können über die Ausgangslage informieren.

Neben internen Informationen aus den Fachbereichen sollten auch externe Quellen (z. B. Statistiken, Studien, …) genutzt werden, um eine umfassende Betrachtung sicherzustellen.

Erschließung des Untersuchungsgegenstandes

Folgende Leitfragen können bei der Erschließung des Untersuchungsgegenstandes hilfreich sein:

> Warum soll der Untersuchungsgegenstand betrachtet werden?
> Woran werden dessen Herausforderungen deutlich?
> Welche möglichen Ursachen gibt es hierfür?
> Was sind mögliche Lösungsansätze?
> Welche Folgen treten möglicherweise auf, wenn die Herausforderungen nicht gelöst werden?

Bestimmung der Einflussfaktoren und Wirkungsanalyse

Auf den Untersuchungsgegenstand wirken aus verschiedenen Bereichen eine Vielzahl von Einflussfaktoren. Diese werden nun im zweiten Schritt bestimmt und deren Wirkungen analysiert.

Zuerst werden die Einflussbereiche festgelegt. Es empfiehlt sich, hierbei interne Bereiche (z. B. Mitarbeitende, Arbeitsabläufe, IT-Ausstattung) und externe Bereiche (z. B. gesetzlicher Rahmen, Zielgruppen, Kunden) zu definieren.

Zu jedem Einflussbereich gehören verschiedene Einflussfaktoren, die auf die Organisation einwirken. Diese sind quantitativ messbar oder qualitativ zu beschreiben. Indem eine Gewichtung der Faktoren erfolgt, kann ihr Einfluss auf die Organisation genau bestimmt werden. Am Ende liegt eine Systemdarstellung mit den Zusammenhängen und Abhängigkeiten vor.  

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Methodeneinsatz> Die Identifikation der Einflussbereiche und -faktoren kann mittels Brainstormings oder anderer Kreativitätstechniken erfolgen.
> Die Darstellung der analysierten Einflussfaktoren kann in einer Mindmap oder Beziehungsdiagramm erfolgen. Es empfiehlt sich die Wirkungsrichtungen mit Hilfe eines Pfeils du verdeutlichen. Für die Benennung sollten neutrale Bezeichnungen gewählt werden (statt „besser“ oder „schlechter“ bspw. „mehr“ oder „weniger“). Dies gewährleistet im Anschluss eine sachliche Bewertung.


Trends und Kennzahlen bestimmen

Für die zuvor bestimmten Einflussfaktoren werden nun konkrete qualitative und quantitative Ausprägungen bestimmt werden. Mit Hilfe von Kennzahlen lassen sich die Veränderungen der Einflussfaktoren messen.

Daraufhin werden zu den einzelnen Einflussfaktoren Annahmen über mögliche Entwicklungen getroffen. Im Folgenden werden nur jene Entwicklungen betrachtet, die eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit haben. Somit wird die Anzahl der zu betrachtenden Szenarien reduziert.

Weiterhin sollten auch mögliche störende Ereignisse und deren Auswirkungen bedacht werden.

b. Entwicklung der Szenarien

Alle Beteiligten haben nun ein gutes Verständnis über die aktuelle Herausforderung und denkbaren Wechselwirkungen. Die gesammelten Informationen zu den Einflussgrößen, möglichen Veränderungen und Auswirkungen von Störereignissen werden nun in zwei Extremszenarien dargestellt: dem Positivszenario (Best Case) und dem Negativszenario (Worst Case). Daneben können auch weitere Szenarien, wie z. B. das Trendszenario (Most Likely Case) oder weitere Alternativen erarbeitet werden.

Es ist darauf zu achten, dass die Szenarien widerspruchsfrei, nachvollziehbar und umfassend beschrieben sind. Zur Veranschaulichung empfiehlt sich eine grafische Visualisierung.

Praxistipp/Bildquelle: BMI

Visualisierung> Die Visualisierung kann mittels Tabellen, Grafiken, Skizzen, Kurzgeschichten, Briefen, Pressemitteilungen, Collagen, Rollenspiele oder kurzer Videos erfolgen. Der Kreativität der Beteiligten sind dabei keine Grenzen gesetzt. Je anschaulicher die Zukunftsbilder erarbeitet werden, desto wirkungsvoller sind sie.


c. Auswertung der Ergebnisse

Nach der Präsentation der erarbeiteten Szenarien werden diese nochmal zur Diskussion gestellt und interpretiert. Folgende Fragen können dabei helfen:

  • Sind die Szenarien vollständig und schlüssig?
  • Wodurch können die skizzierten Entwicklungen beeinflusst werden?
  • Was kann konkret getan werden, um die Entwicklungen zu beeinflussen?
  • Welche Beteiligten können oder sollten etwas tun?
  • Welche Maßnahmen sollten abgeleitet werden?

Auf dieser Grundlage lassen sich Schlussfolgerungen für die weitere Organisationsgestaltung ziehen. Es werden Handlungsempfehlungen mit Zielen und Maßnahmen formuliert.

Quellen- und Literaturverzeichnis

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/szenario-technik-50281, abgerufen am 12.05.2022.
https://www.projektmagazin.de/methoden/szenariotechnik, abgerufen am 12.05.2022.
https://www.buergergesellschaft.de/mitentscheiden/..., abgerufen am 12.05.2022.
https://www.risknet.de/wissen/rm-methoden/szenarioanalyse/, abgerufen am 12.05.2022.
https://www.lexoffice.de/lexikon/szenariotechnik/, abgerufen am 12.05.2022.
https://www.christianhmeyer.de/die-szenariotechnik-methode-schritte-tipps/, abgerufen am 12.05.2022.
https://www.buchreport.de/news/pp-grundlagen-der-szenariotechnik/, abgerufen am 04.05.2022.